JudikaturVfGH

G115/78 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
27. Juni 1979

Die Worte "durch gerichtlichen Vergleich oder" und "des Vergleiches oder" im {Pensionsgesetz 1965 § 19, § 19 Abs. 6 PG 1965}, BGBl. 340/1965, werden als verfassungswidrig aufgehoben.

Eine Unsachlichkeit meinte der VfGH darin erblicken zu müssen, daß bei Bemessung des Versorgungsbezuges zwar eine Unterhaltserhöhung durch ein Anerkenntnisurteil, nicht aber eine solche durch einen gerichtlichen Vergleich zu berücksichtigen sei. Er hat dabei angenommen, daß beide Akte in bezug auf die Möglichkeit eines Mißbrauches zu Lasten des Staates gleichwertig seien. Es ist nichts hervorgekommen, was geeignet wäre, diese Bedenken zu zerstreuen. Der Hinweis der Bundesregierung auf die unterschiedliche Qualität der beiden Akte - hier hoheitlicher Ausspruch, dort lediglich eine Beurkundung - geht schon deshalb ins Leere, weil diese Unterscheidung mit der Frage der Mißbrauchsmöglichkeit ganz offenkundig nichts zu tun hat und ein anderer Sachzusammenhang zwischen der Qualifikation und der daran geknüpften Rechtsfolge nicht erkennbar ist. Die These, der Urteilsfällung ginge regelmäßig eine gerichtliche Prüfung des Prozeßstoffes voraus, ist aber gerade im Hinblick auf das Anerkenntnisurteil unrichtig. Der Richter hat das Urteil diesfalls nach {Zivilprozeßordnung § 395, § 395 ZPO} ohne weitere Untersuchung gemäß dem Antrag des Klägers zu fällen. Auch nach den praktischen Erfahrungen steht außer Zweifel, daß sich Anerkenntnisurteil und gerichtlicher Vergleich in bezug auf die Prüfung der Rechtslage durch das Gericht nicht unterscheiden. Hat aber der Gesetzgeber das Anerkenntnisurteil als ein auch versorgungsrechtlich wirksames Mittel zur Erhöhung des Unterhaltes anerkannt, so ist der Ausschluß des insoweit gleichwertigen gerichtlichen Vergleiches schlechthin durch nichts zu rechtfertigen.

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