B85/77 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Keine Bedenken gegen § 9 Abs. 5. Es ist durchaus sachlich, zu verhindern, daß für ein und denselben Dienstunfall zweimal eine Leistung gewährt wird, nämlich einerseits durch Zurechnung von Jahren nach dem PG 1965 und andererseits durch Zuerkennung einer Versehrtenrente nach dem B-KUVG. Es ist der Bf. aber zuzugestehen, daß keine sachliche Rechtfertigung dafür gefunden werden könnte, für eine körperliche Beschädigung, die durch einen Dienstunfall eingetreten ist, geringere Leistungen zu gewähren als für eine gleiche Beschädigung, die nicht auf einen Dienstunfall zurückgeht.
Nun führt aber die Rechtslage bei einer (verfassungsrechtlich zulässigen) Durchschnittsbetrachtung nicht zu diesem Effekt: Selbst die kleinste Brutto-Versehrtenrente nach dem B-KUVG (13,33 v. H. der Bemessungsgrundlage) ist kaum geringer als die höchste in Betracht kommende Pensionserhöhung aufgrund einer Zurechnung von Jahren nach dem PG 1965 (16 v. H. der im wesentlichen gleich hohen Bemessungsgrundlage) . {Einkommensteuergesetz 1972 § 3, § 3 Z 3 EStG 1972} bestimmt nun aber, daß Unfallsrenten einkommensteuerfrei sind; die gleiche Begünstigung kommt den aufgrund der Zurechnung von Jahren nach dem PG 1965 gewährten erhöhten Ruhegenüssen nicht zu. Die geringste Netto- Versehrtenrente ist daher - von äußerst selten eintretenden, bei einer Durchschnittsbetrachtung vernachlässigbaren Ausnahmefällen abgesehen - höher als die aufgrund der Zurechnung von Jahren nach dem PG 1965 mögliche Erhöhung des Ruhegenusses. Dies gilt auch für den Fall, daß zwischen dem Unfallszeitpunkt und dem Zeitpunkt des Übertrittes in den Ruhestand eine derart lange Spanne liegt, daß der ruhegenußfähige Monatsbezug nach {Pensionsgesetz 1965 § 5, § 5 PG 1965} infolge der inzwischen erfolgten Vorrückung höher ist als die Bemessungsgrundlage nach {Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz § 93, § 93 B-KUVG}. Bei der gebotenen Durchschnittsbetrachtung ist auch zu bedenken, daß die Zurechnung von Jahren nach § 9 PG 1965 voraussetzt, daß der Beamte zu einem zumutbaren Erwerb unfähig geworden ist, während eine Versehrtenteilrente nach {Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz § 103, § 103 Abs. 2 Z 2 B-KUVG} auch dann zu bewilligen ist, wenn der Beamte aufgrund des Dienstunfalles bloß teilweise erwerbsunfähig ist. Wenn eine Versehrtenteilrente gewährt wird, wären also nur in seltenen Ausnahmsfällen die Voraussetzungen für die Zurechnung von Jahren nach § 9 Abs. 1 und 2 PG 1965 erfüllt. Eine Versehrtenvollrente ist aber wesentlich höher als die Differenz zwischen dem normalmäßigen und dem aufgrund einer Zurechnung von Jahren erhöhten Ruhegenuß.