B54/79 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Denkmögliche Anwendung des § 58 Abs. 1 in Verbindung mit § 57 Abs. 8.
Nach § 6 Abs. 3 KFG 1967 (i. d. F. vor der 4. KFG-Nov., BGBl. 615/1977 - die geänderten Bestimmungen des § 6 KFG über die Bremsen treten dem Art. VI Abs. 2 lit. c dieser Nov. zufolge im wesentlichen erst ab 1. Jänner 1981 in Kraft) muß es bei Kraftwagen dem Lenker möglich sein, mit jeder der beiden Bremsanlagen (Betriebsbremse und Feststellbremse) auch bei höchster zulässiger Belastung des Fahrzeuges auf allen in Betracht kommenden Steigungen und Gefällen und auch beim Ziehen von Anhängern bei jeder Fahrgeschwindigkeit diese, der jeweiligen Verkehrslage entsprechend, sicher, schnell und auf möglichst geringe Entfernung bis zum Stillstand des Fahrzeuges zu verringern und das unbeabsichtigte Abrollen des Fahrzeuges auszuschließen. Die Wirksamkeit der Hilfsbremse (Feststellbremse) darf geringer sein als die der Betriebsbremse. Es ist aber denkmöglich anzunehmen, der Begriff "Wirksamkeit" sei hier so zu verstehen, daß die Hilfsbremse derart konstruiert sein dürfe, daß sie bei völlig unbeeinträchtigter Funktion geringere Verzögerungswerte bewirkt als die Betriebsbremse, daß mit dieser Maßgabe aber der erste Satz des § 6 Abs. 3 KFG 1967 (i. d. F. vor der 4. KFG-Nov.) auf die Wirksamkeit der Hilfsbremse voll anwendbar sei. Die einschreitenden Sicherheitswachebeamten konnten auf Grund der von ihnen festgestellten Mängel beider Bremsen zum Schluß gelangen, daß beide Bremsen nicht den Anforderungen des {Kraftfahrgesetz 1967 § 6, § 6 Abs. 3 KFG 1967} entsprachen und daß damit die weitere Verwendung des Fahrzeuges die Verkehrssicherheit gefährde; sie konnten weiters annehmen, daß Gefahr im Verzug vorliege.
Die am PKW angebrachten Kennzeichentafeln und der Zulassungsschein sind Urkunden, die die Benützung des im Eigentum der Erstbf. stehenden Kraftfahrzeuges als Fahrzeug auf öffentlichen Straßen rechtlich ermöglichen. Durch die Abnahme der Kennzeichentafeln und des Zulassungsscheines wurde dem Eigentümer der für diese Sache wesentliche Gebrauch als Fahrzeug unmöglich gemacht. Es liegt somit ein Eingriff in das Eigentum der Erstbf. am PKW, somit in ein privates Vermögensrecht vor (vgl. Slg. 6402/1971, 7091/1973, 7931/1976, 8294/1978, 8414/1978) .
Die Eigentümerin hat den PKW dem Zweitbf. zur Benützung überlassen.
Diesem kam sohin ein aus dem Privatrecht fließendes Verfügungsrecht über das Fahrzeug zu. Aus den oben dargelegten Gründen wurde durch den bekämpften Verwaltungsakt auch in sein privates Vermögensrecht eingegriffen.