JudikaturVfGH

B454/76 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
17. Dezember 1977

Der VfGH hat mit Erk. Slg. 6732/1972 dargetan, die Rechtsmeinung der bel. Beh. sei durchaus denkmöglich, daß in der Feststellung eines nach {Bundesabgabenordnung § 188, § 188 BAO} ergangenen Bescheides, in den festgestellten Einkünften aus Gewerbebetrieb sei kein Gewinn gemäß § 34 Abs. 5 ( seit der EStG-Nov. 1970: Abs. 4) EStG 1967 enthalten, ein Abspruch über die Besteuerungsgrundlage für die Besteuerung nach § 74 Abs. 5 EStG 1967 liege. Ebenso denkmöglich sei aber - wie der VfGH damals weiter ausgeführt hat - auch die Auffassung der bel. Beh., daß Einwendungen gegen die Zulässigkeit und die Richtigkeit dieses Abspruches gemäß {Bundesabgabenordnung § 252, § 252 Abs. 2 BAO} gegen den Feststellungsbescheid hätten erhoben werden müssen und daß sie mit Rücksicht auf die Rechtskraft des Feststellungsbescheides diesen Abspruch dem Einkommensteuerbescheid der Bf. zugrundezulegen hatte. Der VfGH hält an dieser Rechtsprechung fest. Sie ist auch auf den durchaus vergleichbaren Fall eines Feststellungsbescheides nach {Bundesabgabenordnung § 187, § 187 BAO} übertragbar (vgl. auch die ständige Judikatur des VwGH, in der die Bindungswirkung bejaht wird: 29. Oktober 1965, Z 193/64; 17. Dezember 1969, Z. 890/68; Slg. 4390 F/1972, 4480 F/1973) . Auch im vorliegenden Fall war die Annahme der bel. Beh. immerhin denkmöglich, daß der im Bescheid über die gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1971 enthaltene Ausspruch, daß in dem festgestellten Gewinn ein Veräußerungsgewinn gemäß § 16, nicht aber ein solcher gemäß § 34 Abs. 5 (richtig: Abs. 4) EStG 1967 enthalten sei, vom Bescheidwillen der Behörde erfaßt war.

Die bel. Beh. hat eine Sachentscheidung getroffen, dies allerdings mit der tragenden Begründung, daß sie an den nach {Bundesabgabenordnung § 187, § 187 BAO} erlassenen Feststellungsbescheid gebunden sei. Auch wenn die zur Entscheidung berufene Behörde in rechtswidriger Weise die Bindungswirkung eines rechtskräftigen Bescheides angenommen hätte, wäre darin nur eine inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, keineswegs jedoch die Ablehnung einer der Behörde nach dem Gesetz zukommenden Zuständigkeit zu erblicken, durch die das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt würde (vgl. das - allerdings den umgekehrten Fall, nämlich das behauptete rechtswidrige Hinwegsetzen der Behörde über die Bindungswirkung betreffende Erk. Slg. 7144/1973) .

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