JudikaturVfGH

G14/77 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
07. Oktober 1977

{Gehaltsgesetz 1956 § 4, § 4 Abs. 11 Gehaltsgesetz 1956}, BGBl. 54, i. d. F. der 19. GG-Nov., BGBl. 198/1969, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

§ 4 Abs. 11 GG 1956 stellt seinem klaren Wortlaut nach, der eine andere Auslegung nicht zuläßt, darauf ab, ob der Beamte weiblichen oder männlichen Geschlechtes ist. Ist der Beamte eine Frau, ruht unter bestimmten Voraussetzungen die Haushaltszulage, ist der Beamte jedoch ein Mann, ruht bei Vorliegen der gleichen Voraussetzungen die Haushaltszulage nicht. Diese nach dem Geschlecht des Beamten getroffene Differenzierung ist sachlich nicht begründbar. Die parlamentarischen Materialien der Entstehungsgeschichte des nunmehrigen § 4 Abs. 11 GG 1956 - ursprünglich war eine ähnliche Bestimmung im § 12 Abs. 5 des Gehaltsüberleitungsgesetzes, BGBl. 22/1947, enthalten - geben keine Auskunft über allfällige Umstände, die die erwähnte Differenzierung nach dem Geschlecht des Beamten zu rechtfertigen vermöchten. Der VfGH hat mit Erk. Slg. 5589/1967 ausgesprochen, daß § 4 Abs. 4 GG 1956 i. d. F. der 13. GG-Nov., BGBl. 124/1965 (der dem derzeit geltenden § 4 Abs. 11 GG 1956 i. d. F. der 19. GG-Nov. entsprach) verfassungsrechtlich unbedenklich sei. Er hat dies damit begründet, es könne nicht als unsachlich angesehen werden, daß, wenn der Gatte "als Beamter Einkünfte über die im Gesetz angegebene Grenze bezieht, seine Gattin, die Beamtin ist, nicht auch für ihre Person die Haushaltsquote erhält, in einem solchen Fall also die Haushaltsquote der Haushaltszulage nur einmal gewährt wird" .

Diese Rechtsauffassung vermag der VfGH nicht aufrecht zu erhalten.

Das GG 1956 hat nämlich in den erwähnten Bestimmungen nicht - und zwar weder i. d. F. der 13. noch i. d. F. der 19. GG-Nov. - darauf abgestellt, ob der andere Ehegatte als Beamter oder aus einem anderen Rechtstitel Einkünfte über die im Gesetz angegebene Grenze hinaus bezieht, sondern immer nur darauf, welchen Geschlechtes der Beamte selbst ist.

§ 22 Abs. 2 Z 2 der Reisegebührenvorschrift 1955 i. d. F. des Art. I Z 8 des Bundesgesetzes BGBl. 158/1967 wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

Die gegen {Reisegebührenvorschrift § 22, § 22 Abs. 2 Z 2 RGV} erhobenen Bedenken gehen dahin, daß es sachlich nicht gerechtfertigt und damit ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz sei, die Höhe der Zuteilungsgebühr davon abhängig zu machen, ob und in welcher Höhe Anspruch auf die Haushaltszulage besteht. Der VfGH hat bei Prüfung, ob eine Regelung dem Gleichheitsgebot entspricht, nicht zu untersuchen, ob diese Regelung die einzige sachlich gerechtfertigte ist. Vielmehr genügt es, wenn die vorgenommene Differenzierung bei einer Durchschnittsbetrachtung durch entsprechende Unterschiede im Tatsächlichen überhaupt gerechtfertigt werden kann. Der Gesetzgeber konnte annehmen, daß im Regelfall einem verheirateten Beamten auf Grund länger als 30 Tage dauernder Dienstzuteilung ein höherer Aufwand erwächst als einem unverheirateten. Der Aufwand am Zuteilungsort ist zwar in solchen Fällen für beide Kategorien von Beamten grundsätzlich gleich hoch, doch kann nur der unverheiratete Beamte seinen Haushalt am Wohnort regelmäßig derart einschränken, daß dort wesentlich geringere Kosten als bei seiner Abwesenheit anfallen.

Im Gegensatz dazu ist unter denselben Umständen eine derartige wesentliche Einschränkung dem verheirateten Beamten regelmäßig nicht möglich. Der Gesetzgeber konnte annehmen, daß in der Regel beide Ehegatten zur Führung des Haushaltes beitragen und es die Abwesenheit des einen erforderlich macht, daß dessen Aufgaben - etwa hinsichtlich der Betreuung der Kinder - von dritten (haushaltsfremden) Personen besorgt werden, so daß insoferne zusätzliche Kosten erwachsen. Die im Haushalt des verheirateten Beamten infolge seiner Abwesenheit eintretende Einsparung wird sohin, wenn eine solche überhaupt eintritt, nur gering sein. Eine Durchschnittsbetrachtung ergibt mithin, daß sich der Familienstand - der in der Regel seinen Niederschlag in der Haushaltszulage und deren Höhe findet - auf den durch eine Dienstzuteilung bewirkten finanziellen Mehraufwand sehr wohl auswirkt.

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