B425/75 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Der Bf. wurde bei jenen Taten, die dem rechtskräftigen Schuldspruch des Strafgerichtes wegen des Vergehens des Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach {Strafgesetzbuch § 269, § 269 Abs. 1 StGB} zugrundeliegen, von den gegen ihn einschreitenden Sicherheitswachebeamten betreten. Es war sohin jedenfalls der Haftgrund des {Strafprozeßordnung 1975 § 175, § 175 Abs. 1 Z 1 StPO} gegeben, der die Organe der Sicherheitsbehörde gemäß § 177 Abs. 1 Z 1 leg. cit. zur vorläufigen Verwahrung des Bf. berechtigte.
Der VfGH hat im Erk. Slg. 7377/1974 in Bezug auf den Gebrauch eines Gummiknüppels durch ein Organ der Bundespolizei, also den nicht lebensgefährdenden Gebrauch einer Dienstwaffe im Rahmen der polizeilichen Zwangsbefugnisse, unter dem Gesichtspunkt der {Europäische Menschenrechtskonvention Art 3, Art. 3 MRK} (demzufolge niemand unmenschlicher Behandlung unterworfen werden darf) ausgesprochen, daß ein den Bestimmungen des Waffengebrauchsgesetzes 1969, BGBl. 149, nicht widersprechender Gebrauch einer Dienstwaffe keineswegs als unmenschliche Behandlung i. S. der bezogenen Verfassungsbestimmung angesehen werden kann. Nach Ansicht des VfGH gilt dies entsprechend für die Beurteilung des lebensgefährdenden Waffengebrauches im Rahmen der polizeilichen Zwangsbefugnisse zur Erzwingung der Festnahme einer Person unter dem Gesichtswinkel des durch Art. 2 MRK verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes jedes Menschen auf das Leben. {Europäische Menschenrechtskonvention Art 2, Art. 2 MRK} besagt nämlich in der lit. b seines Absatzes 2 (im Zusammenhalt mit dem einleitenden Satz dieses Absatzes) u. a., daß die (absichtliche) Tötung nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet wird, wenn sie sich aus einer unbedingt erforderlichen Gewaltanwendung ergibt, um eine ordnungsgemäße Festnahme durchzuführen, und es ist - aus der Sicht dieses Beschwerdefalles - kein Widerspruch dieser Regelung und den hiezu in Betracht kommenden Vorschriften des WaffengebrauchsG 1969 zu erkennen.