JudikaturVfGH

B408/75 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
10. Juni 1977

Der vom Bf. angeblich abgegebenen Erklärung "Wenn Sie meinen Namen wissen wollen, müssen Sie mich schon festnehmen" , ist nicht zu entnehmen, daß er einer Amtshandlung zugestimmt habe; seine ( behauptete Äußerung bringt lediglich zum Ausdruck, daß der Bf. eine Festnahme gewärtigt habe und wie er sich nach Erfolg der Festnahme in bezug auf die Bekanntgabe seines Nationales verhalten wolle.

Die Festnehmung einer Person durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes gemäß § 35 VStG 1950 setzt in allen dieser Gesetzesstelle zu unterstellenden Fällen voraus, daß die Person "auf frischer Tat betreten" wird, d. h. daß sie eine als Verwaltungsübertretung strafbare Tat begeht und bei der Begehung der Tat betreten wird. Die erste dieser Voraussetzungen ist nicht nur dann gegeben, wenn das einschreitende Organ das Vorliegen einer strafbaren Tat mit voller Verläßlichkeit festzustellen in der Lage ist, sondern schon dann, wenn es vertretbar erscheint, die Tat als strafbar zu beurteilen, wenn also das Organ mit gutem Grund annehmen konnte, daß eine Verwaltungsübertretung begangen wird (siehe z. B. Slg. 7309/1974) .

Auf frischer Tat wird eine Person dann betreten, wenn das Sicherheitsorgan die Begehung der Tat unmittelbar wahrnimmt, ohne daß zur Feststellung der Tat Erhebungen notwendig sind und aus den erhobenen Tatsachen Schlüsse gezogen werden müssen; wer bloß im Verdacht steht, eine strafbare Tat begangen zu haben, wird nicht auf frischer Tat betreten (siehe auch hiezu Slg. 7309/1974 und die dort angeführte Vorjudikatur) . Die Annahme des Sicherheitswachebeamten war vertretbar, der Bf. habe gegen das durch § 24 Abs. 1 lit. d StVO 1960 normierte Parkverbot verstoßen und dadurch eine nach der StVO 1960 strafbare Tat begangen. Bei der Natur des verbotswidrigen Parkens als Dauerdelikt hält das strafbare Verhalten bis zur Beendigung des verbotswidrigen Parkens an, sodaß das Verhalten des Bf., bloß einen Gegenstand im Pkw zu deponieren, ohne jedoch das verbotswidrig geparkte Fahrzeug aus dem Verbotsbereich wegzufahren, ein Betreten auf frischer Tat darstellt. Da schließlich feststeht, daß der Bf. dem Sicherheitswachebeamten unbekannt war, sich nicht auswies und seine Identität auch sonst nicht sofort feststellbar war, war der Festnehmungsgrund der lit. a im § 35 VStG 1950 gegeben.

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