B249/76 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Keine Bedenken gegen die Prostitutionsverordnung Feldkirch. Diese ortspolizeiliche Verordnung i. S. des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 118, Art. 118 Abs. 6 B-VG} diente der Abwehr und Beseitigung von Mißständen, die durch den sogenannten "Gassenstrich" von Frauen entstanden waren. Es war daher sachlich gerechtfertigt, das Verbot auf die Prostitution ausübende Frauen zu beschränken. Im übrigen liegt es gerade im Wesen einer ortspolizeilichen Verordnung, daß sie auf die lokalen Besonderheiten Bedacht zu nehmen hat und daß dadurch auftretende Divergenzen, wie dieselbe Angelegenheit in verschiedenen Gemeinden geregelt ist, sachlich gerechtfertigt sind.
Sie verstößt auch nicht gegen Art. 6 StGG; es kann hier ununtersucht bleiben, ob die Prostitution ein von Art. 6 StGG erfaßter Erwerbszweig ist; denn selbst wenn dies so wäre, verstieße die gegenständliche Verordnung nicht gegen das erwähnte Grundrecht: Dieses ist nämlich nur unter dem Gesetzesvorbehalt gewährleistet. Es kann durch ein Gesetz im formellen Sinn, aber auch durch eine Verordnung, die sich im Rahmen einer gesetzlichen Bestimmung hält, eingeschränkt werden (z. B. VfSlg. 4087/1961) . Dies gilt auch für Einschränkungen, die durch verfassungsmäßige selbständige Verordnungen verfügt werden (VfSlg. 4088/1961) .
Ebenso wenig verstößt sie gegen {Bundes-Verfassungsgesetz Art 18, Art. 18 B-VG}. Die Verordnung umschreibt die Tatbilder derart, daß es im Wege der Auslegung möglich ist, festzustellen, welche Sachverhalte von ihnen erfaßt werden.
Nach {Bundes-Verfassungsgesetz Art 118, Art. 118 Abs. 6 B-VG} hat die Gemeinde in den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, ortspolizeiliche Verordnungen zu erlassen, sowie deren Nichtbefolgung als Verwaltungsübertretung zu erklären. Damit wird zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht, daß ortspolizeiliche Verordnungen auch Verwaltungsstraftatbestände enthalten können. Damit hat der Umstand nichts zu tun, daß die Vollziehung der ortspolizeilichen Verordnungen, soweit es sich um Verwaltungsstrafverfahren handelt, nicht zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde gehört (vgl. z. B. VfSlg 4579/1967, 6706/1972) .