B396/74 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Das Landes-Straßenverwaltungsgesetz 1946 enthielt (im Gegensatz zur derzeitigen Rechtslage - § 8 Abs. 3 LStVG 1975) keinen Hinweis darauf, welche Gattungen von Straßen Verkehrsflächen der Gemeinde sind. Eine Einreihung der Z-Straße und der Qu-Gasse i. S. der §§ 8 und 9 LStVG 1946 ist nicht erfolgt. Eine rechtliche Widmung etwa derart, daß die in Rede stehenden Verkehrsflächen als Bundesstraße oder nach dem LStVG 1946 als Landesstraße, Bezirksstraße, Eisenbahn- Zufahrtstraße oder als Güterweg qualifiziert worden wären, ist nicht erfolgt. Die Z-Straße und die Qu-Gasse sind unbestritten, "Gassen" i. S. des § 11 OÖ Bauordnung. Bei der geschilderten Rechtslage ist die Frage, ob die beiden in Rede stehenden "Gassen" (§ 11 BauO) Verkehrsflächen der Gemeinde i. S. des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 118, Art. 118 Abs. 3 Z 4 B-VG} sind, nur nach den tatsächlichen Verhältnissen zu beurteilen. Der VfGH nimmt vor allem auf Grund des von der Stadt Wels vorgelegten Gutachtens des Stadtplanungsamtes dieser Gemeinde vom 18. März 1976 als erwiesen an, daß diese beiden Straßen örtliche Aufschließungsstraßen mit Zielverkehr und Quellverkehr, also Verkehrsflächen sind, deren Bedeutung überwiegend auf den lokalen Verkehr beschränkt ist und dies auch zum Zeitpunkt der Erlassung des letztinstanzlichen Gemeindebescheides war. Daran ändert nichts, daß das Verkehrsaufkommen in der Z-Straße fallweise stark ist.
Keine Bedenken dagegen, daß die §§ 3 und 4 Gehsteigverordnung im § 11 der BauO für Linz und Wels keine Deckung finden. § 11 Z 2 BauO bietet zur Erlassung einer Durchführungsverordnung eine i. S. des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 18, Art. 18 B-VG} ausreichende materielle Grundlage. Die GehsteigVO überschreitet den ihr durch diese Gesetzesvorschrift inhaltlich gesteckten Rahmen nicht.
Dem Bf. ist eine Baubewilligung unter Bedingungen erteilt worden, von denen eine dahin lautete, daß längs der Baustelle und des dazugehörigen Grundes auf Verlangen der Stadt Wels gemäß § 11 BauO das vorgeschriebene Gehsteigpflaster samt den Randsteinen zu verlegen ist. Die bel. Beh. hat nicht denkunmöglich gehandelt, wenn sie in diesem Fall die Bestimmung des § 11 Z 3 BauO angewendet hat, die die Verpflichtung des Erbauers eines neuen Gebäudes zur Herstellung eines Gehsteiges (offenbar zur Gänze auf seine Kosten) festlegt und wenn sie die Vorschrift des § 11 Z 5 BauO außer acht gelassen hat. Es ist nämlich die Annahme vertretbar, daß § 11 Z 5 BauO nur dann zur Anwendung gelangt, wenn es sich um Gehsteige handelt, die nicht im Zusammenhang mit einem Neubau oder Umbau herzustellen sind. Der VfGH hält auch die Rechtsansicht für denkmöglich, daß der im § 11 Z 3 enthaltene Passus "noch vor Erteilung des Benützungskonsenses" so zu verstehen ist, daß eine Verpflichtung zur Gehsteigherstellung bereits vor dem Zeitpunkt der Erteilung des Benützungskonsenses entsteht, aber mit der Verpflichtung zur Kostentragung nichts zu tun hat.