JudikaturVfGH

B203/75 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
02. Dezember 1975

Bei der Neufassung des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 15, Art. 15 B-VG} durch die B-VG-Nov. 1974 wurden in dessen Abs. 2 anschließend an die generelle Umschreibung der Angelegenheiten der örtlichen Sicherheitspolizei in Form einer Generalklausel ausdrücklich als Beispiel solcher Angelegenheiten " die Wahrung des öffentlichen Anstandes und die Abwehr ungebührlicherweise hervorgerufenen störenden Lärmes "angeführt.

Diese Angelegenheiten sind somit nach der Aussage des Verfassungsgesetzgebers im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Sie gehören als Angelegenheiten der örtlichen Sicherheitspolizei zu den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde (vgl. {Bundes-Verfassungsgesetz Art 118, Art. 118 Abs. 3 Z 3 B-VG} mit dem Rückverweis auf Art. 15 Abs. 2 B-VG) , und zwar wie sich aus der in Art. 10 Abs. 1 Z 7 B-VG enthaltenen Ausnahme der örtlichen Sicherheitspolizei von der Bundeskompetenz ergibt - um Angelegenheiten aus dem Bereich der Landesvollziehung. Da sich die Kompetenz zur gesetzlichen Regelung und Vollziehung verwaltungsstrafrechtlicher Bestimmungen grundsätzlich danach richtet, in welchen Kompetenzbereich die Materie fällt, mit der das Verwaltungsstrafrecht verbunden ist (vgl. Slg. 5910/1969) , ergibt sich, daß die die Anstandsverletzung und die Lärmerregung betreffenden Straftatbestände in Art. VIII Abs. 1 lit. a EGVG 1950 seit dem 1. Jänner 1975 gemäß Art. XI der B-VG-Nov. 1974 als landesgesetzliche Regelung gelten, deren Vollziehung den Ländern obliegt. Aus der der Abgrenzung der Angelegenheiten der örtlichen Sicherheitspolizei von Angelegenheiten der allgemeinen Sicherheitspolizei dienenden Bestimmung des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 15, Art. 15 Abs. 2 B-VG} kann aber nicht der Schluß gezogen werden, daß auch die anderen Straftatbestände des Art. VIII Abs. 1 EGVG 1950 nunmehr in die Zuständigkeit der Länder zur Gesetzgebung und Vollziehung fallen. Die Rechtslage blieb also hinsichtlich des ersten Tatbestandes des Art. VIII Abs. 1 lit. a unverändert. Die Handhabung dieser Strafbestimmung ist Sache der Vollziehung des Bundes und obliegt in erster Instanz der Bezirksverwaltungsbehörde und in Orten, für die eine Bundespolizeibehörde besteht, dieser Behörde, und in zweiter Instanz der Sicherheitsdirektion.

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