B40/74 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Rechtmäßige Verhaftung; rechtswidriger unmittelbar anschließender Vollzug einer Freiheitsstrafe (kein rechtswirksamer Rechtsmittelverzicht) .
Der VfGH hat in seinem Erk. Slg. 7432/1974 zur (gemäß {Verwaltungsstrafgesetz 1991 § 24, § 24 VStG} auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden) Bestimmung des § 63 Abs. 4 AVG 1950 den Standpunkt eingenommen, daß ein ihr entsprechender, also wirksamer Rechtsmittelverzicht erst abgegeben werden kann, nachdem dem Beschuldigten zuvor das Straferkenntnis verkündet und die dieses Erk. enthaltende Strafverhandlungsschrift von ihm unterfertigt worden ist. Gemäß dieser Auffassung, an der der VfGH unter Hinweis auf die im § 62 Abs. 2 AVG 1950 zwingend vorgeschriebene Beurkundung der Verkündung eines mündlichen Bescheides festhält, hat ein allfälliger vom Bf. mündlich vor der Aufnahme der Niederschrift abgegebener Berufungsverzicht keine Wirksamkeit erlangt. Keinesfalls liegt aber ein Rechtsmittelverzicht vor, wenn die Worte" mit Vorbehalt "vorgesetzt sind, weil dies - gleichviel, wie sie subjektiv gemeint gewesen sein mögen - jedenfalls dem im Formular enthaltenen Satz" Ich verzichte auf die Berufung " die Bedeutung einer vorbehaltlosen Aufgabe des Rechtes auf Berufung nehmen.
Die Gesetzmäßigkeit des Vollzugs einer Verwaltungsstrafe hängt insbesondere davon ab, daß sie rechtskräftig verhängt ist (vgl. z. B. Slg. 7015/1973) . Der Vollzug ist auch dann rechtswidrig, wenn später die Berufungsbehörde die Berufung des Bf. wegen Verspätung zurückgewiesen hat (im konkreten Fall enthielt der Berufungsbescheid nicht die normative Feststellung, daß der Bf. einen rechtswirksamen Berufungsverzicht abgegeben hat) .