G24/74 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Die Anträge der Steiermärkischen Landesregierung und der Vorarlberger Landesregierung werden, soweit sie die Aufhebung der Bestimmungen der §§ 7 Abs. 1 und Abs. 3 zweiter Satz, 8 Abs. 1 Z 1 hinsichtlich der Worte "Bestellung und" , Z 7 und Z 13, 9 Abs. 1 hinsichtlich der Worte "vom Kuratorium" und Abs. 3, 12 Abs. 2 und Abs. 3, 13 Abs. 1 Z 2 hinsichtlich der Worte "Ausnahmen bedürfen der Genehmigung des Kuratoriums" , 15 Abs. 2 und Abs. 3, 16 Abs. 1 Z 2, 18 Abs. 1 bis 3, 31 Abs. 1 hinsichtlich der Worte "gemäß § 8 Abs. 1 Z 13" , 33 Abs. 2 und Abs. 4 des Bundesgesetzes vom 10. Juli 1974 über die Aufgaben und die Einrichtung des Österreichischen Rundfunks, BGBl. 397/1974, wegen Verfassungswidrigkeit begehren, abgewiesen.
Nach § 62 VerfGG 1953 muß der Antrag, ein Gesetz als verfassungswidrig aufzuheben, begehren, daß entweder das Gesetz seinem ganzen Inhalt nach oder daß bestimmte Stellen des Gesetzes als verfassungswidrig aufgehoben werden. Der Antrag hat die gegen die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes sprechenden Bedenken im einzelnen darzulegen. Der VfGH ist der Auffassung, daß es bei der Prüfung der Prozeßvoraussetzungen für die Durchführung eines Gesetzesprüfungsverfahrens nach {Bundes-Verfassungsgesetz Art 140, Art. 140 B-VG} darauf ankommt, ob sich aus dem Inhalt des Antrages sowohl das Begehren auf Aufhebung als auch eine Darlegung der im einzelnen gegen die Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes seinem ganzen Inhalt nach oder einer bestimmten Gesetzesstelle sprechenden Bedenken ergeben. Wird in diesem Sinne der Antrag der Stmk. Landesregierung, das Rundfunkgesetz (RFG) seinem ganzen Inhalte nach als verfassungswidrig aufzuheben, auf das Vorhandensein der nach § 62 VerfGG 1953 erforderlichen Voraussetzungen überprüft, so ergibt sich, daß zwar die Aufhebung des Gesetzes seinem ganzen Inhalt nach begehrt wird, daß aber keineswegs Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit ausnahmslos aller Bestimmungen des RFG dargelegt werden; vor allem fehlt jegliche Begründung für die in dem bereits erwähnten Einleitungssatz des VI.
Abschnittes enthaltene Behauptung, "daß die aufgezeigten Verfassungswidrigkeiten das RFG als Ganzes betreffen" . Eine Begründung für diese Behauptung wäre selbst dann nicht gegeben, wenn i. S. der Ausführungen des Vertreters der Stmk. Landesregierung in der mündlichen Verhandlung vor dem VfGH "die aufgezeigten Verfassungswidrigkeiten den Rest des Gesetzes so ergreifen, daß es unvollziehbar wird" , weil eine allfällige Unvollziehbarkeit gesetzlicher Regelungen allein noch nicht deren Verfassungswidrigkeit bewirkt.
Zur Antragstellung nach Art. 140 B-VG ist ausschließlich das Kollegium der Landesregierung berufen (Slg. 5573/1967) . Die Bestimmungen der Geschäftsordnung der Landesregierung, wonach einzelne Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches des Landes von einzelnen Mitgliedern für die Landesregierung i. S. des Ressortsystems (und einzelne Gruppen von Angelegenheiten der mittelbaren Bundesverwaltung wegen ihres sachlichen Zusammenhanges mit diesen Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches des Landes für den Landeshauptmann nach Art. 103 Abs. 2) zu führen sind, erstrecken sich daher nicht auch auf die Antragstellung nach {Bundes-Verfassungsgesetz Art 140, Art. 140 B-VG}.
Aus dem vorgelegten Protokoll geht hervor, daß alle für die Antragstellung an den VfGH, die angeführten Bestimmungen des RFG als verfassungswidrig aufzuheben, erforderlichen Rechtshandlungen vom Kollegium der Vlbg. Landesregierung gesetzt wurden. Es besteht demnach kein Zweifel, daß sowohl der der Antragstellung als auch der Vorlage des Antrages an den VfGH zugrundeliegende Willensakt dem Kollegium der Vlbg. Landesregierung zuzurechnen ist. Durch die technische Ausführung dieser Rechtshandlungen wird ihre Qualität als Rechtshandlungen des Kollegiums der Vlbg. Landesregierung nicht geändert. Insbesondere werden sie dadurch nicht zu Rechtshandlungen eines Mitgliedes der Landesregierung. Der Umstand, daß der vom VfGH vorgelegte Schriftsatz nicht vom Landeshauptmann oder bei dessen Verhinderung vom Landesstatthalter, sondern von einem anderen Mitglied der Landesregierung unterfertigt wurde, hat daher die Unzulässigkeit des Antrages nicht zur Folge.
Der VfGH hat in seinem auf Grund eines Kompetenzfeststellungsverfahrens gefällten Erk. Slg. 2721/1954 ausgesprochen, daß das Rundfunkwesen zur Gänze, somit in organisatorischer, technischer und kultureller Beziehung Bestandteil des Telegraphenwesens und daher gemäß {Bundes-Verfassungsgesetz Art 10, Art. 10 Abs. 1 Z 9 B-VG} (die Worte "Postwesen, Telegraphenwesen und Fernsprechwesen" wurden in der B-VG-Novelle 1974, BGBl. 444/1974 durch die Worte "Postwesen und Fernmeldewesen" ersetzt, ohne daß eine inhaltliche Änderung dieses Kompetenztatbestandes eingetreten wäre) , in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache ist. Für die Vollziehung dieser Angelegenheiten in den Ländern ist die Einrichtung unmittelbarer Bundesbehörden nach {Bundes-Verfassungsgesetz Art 102, Art. 102 Abs. 2 B-VG} zulässig.
In dem angeführten Erk. hat der VfGH abschließend (Z. 7) auch darauf hingewiesen, daß gegen die festgestellte Rechtslage die Mehrzahl der Länder auch vom verfassungspolitischen Standpunkt Stellung genommen und geltend gemacht hat, daß die Sender innerhalb ihrer Gebiete auf die besonderen Landesinteressen Rücksicht zu nehmen und darum bestimmte Sendungen durchzugeben, andere aber als unerwünscht zu unterlassen hätten. Daß die Länder gleicherart an der Gestaltung des Rundfunks und seines Programmes interessiert sind, sollte durch das damalige Erk. keineswegs in Abrede gestellt werden.
Allein der VfGH hatte sich bei seiner Entscheidung auf keinen Fall von verfassungspolitischen Erwägungen welcher Art immer leiten lassen können und dürfen. Er hatte ausschließlich nach der gegebenen verfassungsrechtlichen Lage zu entscheiden. Der VfGH hält an dieser Rechtsauffassung fest. Für den Bundesgesetzgeber bestehen bei der Regelung des Rundfunkwesens - außer den allgemein verfassungsrechtlich festgelegten - besondere Schranken und Auflagen nur in den durch das B-VG über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, BGBl. 396/1974, festgelegten Verpflichtungen. Danach besteht aber, wie immer das Rundfunkwesen bzw. die Stellung der Länder im Rundfunkgesetz 1966, BGBl. 195/1966 (im folgenden RFG 1966) , das nur als einfaches Bundesgesetz in Geltung gestanden ist, geregelt gewesen sein mag, durchaus keine Verpflichtung, den Ländern etwa als Trägern von Privatrechten - als Trägern staatlicher Hoheitsrechte kann ihnen schon auf Grund der aufgezeigten ausschließlichen Zuständigkeit des Bundes in Gesetzgebung und Vollziehung eine Zuständigkeit nicht zukommen - die Besorgung von Aufgaben des Rundfunkwesens zu übertragen. Ein solches Verlangen kann nicht auf das in der Bundesverfassung verankerte bundesstaatliche Prinzip gestützt werden, wie dies in den Ausführungen der antragstellenden Landesregierung versucht wird; denn gerade nach diesem Prinzip bestehen die beiden staatlichen Zuständigkeitsbereiche des Bundes und der Länder unabhängig nebeneinander und gibt es gegenseitige Einwirkungsmöglichkeiten und Einflußmöglichkeiten in rechtlicher Hinsicht nur insoweit, als solche kraft ausdrücklicher bundesverfassungsgesetzlicher Anordnung vorgesehen sind. In ihren hoheitlichen Zuständigkeitsbereichen obliegt sowohl dem Bund als auch den Ländern die Sorge für das allgemeine Wohl, das öffentliche Interesse.
Es kann aber auch aus der Tatsache, daß Rundfunk i. S. der durch Art. I Abs. 1 des Bundesverfassungsgesetzes, BGBl. 396/1974 verfassungsgesetzlich gegebenen Definition gemäß Art. I Abs. 3 dieses B-VG zur öffentlichen Aufgabe erklärt ist, für die Länder, denen zweifelsfrei im Rahmen ihrer Zuständigkeitsbereiche die Erfüllung öffentlicher Aufgaben obliegt, kein Anspruch auf Einräumung einer besonderen Stellung bei der Regelung des Rundfunkwesens durch den Bundesgesetzgeber abgeleitet werden; denn durch dieses Bundesverfassungsgesetz ist eine Änderung der Zuständigkeit zur Gesetzgebung und Vollziehung im Rundfunkwesen nicht eingetreten, wie sich auch aus dem im Art. I Abs. 2 des genannten B-VG erteilten Auftrag an den Bundesgesetzgeber ergibt.
Der erste Satz des § 33 Abs. 2 RFG ist seinem Inhalte nach lediglich eine deklarative Wiedergabe der Rechtsfolgen, die sich aus der Umwandlung der "Österreichischer Rundfunk Gesellschaft m.b.H." in eine Anstalt des öffentlichen Rechtes nach § 33 Abs. 1 und aus der damit bewirkten Beendigung des Bestandes der "Österreichischer Rundfunk Gesellschaft m.b.H." ergeben haben. Der in {Rundfunkgesetz § 33, § 33 Abs. 2 RFG} verwendete Begriff "die eingezahlten Stammeinlagen vergüten" ist nicht so unbestimmt, als daß er einer Auslegung überhaupt nicht zugänglich wäre. Wie immer die Bildung der "Österreichischer Rundfunk Gesellschaft m.b.H." und die Übertragung der Rundfunktätigkeit nach dem RFG 1966 auf diese Gesellschaft in rechtspolitischer Hinsicht beurteilt werden mag, in rechtlicher Hinsicht waren Bund und Länder gleichgestellte Gesellschafter, die nach dem Verhältnis ihrer Geschäftsanteile am Gesellschaftsvermögen beteiligt waren, während das Handeln dieser Gesellschaft ausschließlich von deren Organen und nicht vom Bund und von den Ländern - weder als Trägern staatlicher Hoheitsbefugnisse noch als Trägern von Privatrechten - bestimmt wurde. Es treffen daher - wie die Bundesregierung richtig ausführt - die Behauptungen nicht zu, der Untergang der Geschäftsanteile an der "Österreichischer Rundfunk Gesellschaft m.b.H." bewirke, daß diese Geschäftsanteile dem Bund zufielen. Auch die im Eigentum des Bundes gestandenen Geschäftsanteile an der "Österreichischer Rundfunk Gesellschaft m.b.H." sind untergegangen. Da aber das Vermögen der Gesellschaft "Österreichischer Rundfunk Gesellschaft m.b.H." nach {Rundfunkgesetz § 33, § 33 Abs. 1 RFG} nicht auf den Bund, sondern im Wege der Umwandlung dieser Gesellschaft in die Anstalt öffentlichen Rechts "Österreichischer Rundfunk" auf diesen mit dem Bund nicht identen Rechtsträger übergegangen ist, sind auch die entsprechend den Verhältnissen der Geschäftsanteile angewachsenen Rücklagen nicht dem Bund, sondern der Anstalt "Österreichischer Rundfunk" zugefallen. So ist auch die Behauptung, daß der Bund einen den Ländern gegenüber ungleichen Vermögensvorteil gewonnen habe, nicht richtig.
Der VfGH hat in seinem Erk. Sgl. 6884/1972 nicht eine Enteignung allein deswegen als gleichheitswidrig erachtet, weil diese ohne Entschädigung erfolgte. Er hat in diesem Erk. vielmehr eine Bestimmung des Kärntner Wohnsiedlungsgesetzes deswegen als mit dem Gleichheitssatz in Widerspruch stehend aufgehoben, weil die in dieser Bestimmung enthaltene Verpflichtung, den für eine Straße erforderlichen Grund "ohne Entschädigung" abzutreten, eine sachlich nicht gerechtfertigte Benachteiligung der betroffenen Grundeigentümer im Verhältnis zu den Anrainern bewirkt hat, die - bedingt durch die Trassenführung - keine Grundfläche oder verhältnismäßig weniger Grundfläche abtreten müssen.
Der verwendete Begriff "unter Bedachtnahme auf deren Vorschläge" im § 7 Abs. 1 Z 1 RFG ist nicht so unbestimmt, als daß er einer Auslegung überhaupt nicht zugänglich wäre. {Rundfunkgesetz § 7, § 7 Abs. 1 Z 1 RFG} steht auch nicht zu Art. 19 und 69 B-VG in Widerspruch, weil die Bundesregierung an die Vorschläge der politischen Parteien gebunden ist. Nach der im Gesetz gebrauchten Formulierung hat die Bundesregierung bei der Vornahme der Bestellung auf Vorschläge der politischen Parteien Bedacht zu nehmen. Das bedeutet, daß nach dem Gesetz die Vornahme der Bestellung durch die Bundesregierung die Erstattung von Vorschlägen durch die politischen Parteien ebenso zur Voraussetzung hat, wie etwa die Stellung eines Antrages einer Verfahrenspartei für die Erlassung eines Bescheides bei einem antragsbedürftigen Verwaltungsakt Voraussetzung für die Behörde ist.
In beiden Fällen handelt es sich nicht um eine Bindung der Behörde an eine Willensäußerung eines anderen Organs. Es wird vielmehr lediglich das behördliche Handeln vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache abhängig gemacht. Wie sich aus {Rundfunkgesetz § 7, § 7 Abs. 4 RFG} ergibt, besteht für die Bundesregierung, wenn eine politische Partei Vorschläge nicht erstattet, kein Hindernis, eine Bestellung der von anderen politischen Parteien vorgeschlagenen Mitglieder vorzunehmen. Dies hätte lediglich zur Folge, daß dann die Partei, von der die Erstattung der Vorschläge unterlassen wurde, im Kuratorium nicht vertreten wäre. Das aber zeigt, daß die Erstattung der Vorschläge nicht als hoheitliche Kompetenz, sondern als subjektives Recht der politischen Parteien anzusehen ist. Demnach ist die Bundesregierung in rechtlicher Hinsicht zur Bestellung der Mitglieder nach {Rundfunkgesetz § 7, § 7 Abs. 1 RFG} nicht an die Willensäußerung einer mit hoheitlichen Kompetenzen ausgestatteten Stelle gebunden. Das Vorhandensein politischer Parteien und die Möglichkeit der Änderung der Mehrheitsverhältnisse sind Auswirkungen des dem B-VG zugrundeliegenden demokratischen Prinzips. Auswirkungen dieses Prinzips sind dementsprechend auch Änderungen in der Zusammensetzung kollegialer Organe staatlicher Einrichtungen, die auf Änderungen der Mehrheitsverhältnisse unter den politischen Parteien zurückzuführen sind. In diesem Sinne sind solche Änderungen nicht Verstöße gegen die Objektivität und Unparteilichkeit staatlicher Einrichtungen. In diesem Sinne verstößt daher die vorgesehene Regelung über die Zusammensetzung des Kuratoriums auch nicht gegen den Auftrag, nach Art. I Abs. 2 des B-VG BGBl. 396/1974 in das zur Regelung des Rundfunkwesens zu erlassende Bundesgesetz auch Bestimmungen zur Gewährleistung der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, der Berücksichtigung der Meinungsvielfalt und der Ausgewogenheit der Programme aufzunehmen.
Dazu kommt, daß die Bestellung von sechs Mitgliedern des Kuratoriums unter Bedachtnahme auf die Stärkeverhältnisse der politischen Parteien innerhalb der Gesamtheit der Zusammensetzung des Kuratoriums nur einen der vielen Gesichtspunkte bildet, die nach den Vorstellungen des Gesetzgebers bei der Bestellung der Mitglieder des Kuratoriums Berücksichtigung finden sollten und die in der Vielfalt der zur Bestellung von Mitgliedern berufenen staatlichen Behörden und sonstigen gesetzlich vorgesehenen Institutionen zum Ausdruck kommen.
Dazu kommt auch, daß auf alle Mitglieder des Kuratoriums, somit auch auf die unter Bedachtnahme auf die Vorschläge der politischen Parteien bestellten, die Bestimmung des {Rundfunkgesetz § 6, § 6 Abs. 2 RFG} Anwendung findet, wonach sie bei der Ausübung ihrer Funktion an keine Weisungen und Aufträge gebunden sind und ausschließlich die sich aus den Gesetzen und der Geschäftsordnung ergebenden Pflichten zu erfüllen haben.
Beim "Österreichischen Rundfunk" handelt es sich um eine mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete und daher mit dem Rechtsträger "Bund" nicht idente Anstalt öffentlichen Rechts. Die Organe dieser Anstalt sind daher keinesfalls Organe des Bundes, die für diese Organe der Anstalt handelnden Organwalter (natürlichen Personen) nicht Organwalter (Funktionäre) des Bundes. Der VfGH braucht sich daher mit der Frage, was unter dem Begriff "Bundesfunktionäre" im Zusammenhang mit dem Begriff "Ernennung sonstiger Bundesfunktionäre" in Art. 65 Abs. 2 lit. a zu verstehen ist, nicht weiter auseinander zu setzen.
Die Bestimmung des zweiten Satzes in {Rundfunkgesetz § 7, § 7 Abs. 3 RFG} ist im Hinblick auf {Bundes-Verfassungsgesetz Art 18, Art. 18 Abs. 1 B-VG} nicht verfassungswidrig. Ihr zweiter Satz steht auch nicht zu Art. I Abs. 2 des B-VG BGBl. 396/1974 in Widerspruch; diese Bestimmung bietet keine Grundlage für eine Beeinträchtigung der Unabhängigkeit eines bestellten Mitgliedes des Kuratoriums, vor allem nicht für eine Einflußnahme des bestellenden Organes, solange dessen Zusammensetzung unverändert bleibt. Aber auch nach der Änderung der Zusammensetzung bietet diese Bestimmung keine rechtliche Grundlage für eine Einflußnahme auf die bestellten Personen, für die die Bestimmung des {Rundfunkgesetz § 6, § 6 Abs. 2 RFG} gilt.
Nach einer Änderung der Zusammensetzung wird nur die Inanspruchnahme der nach dieser Gesetzesstelle bestehenden Ermächtigung zur vorzeitigen Abberufung eines bestellten Mitgliedes des Kuratoriums ermöglicht. Damit entsteht zwar eine gewisse, vom Gesetzgeber ermöglichte Unsicherheit über die Dauer der Zugehörigkeit einer Person zum Kuratorium, eine Grundlage zur Beeinträchtigung ihrer Unabhängigkeit während der Dauer der Zugehörigkeit wird damit aber nicht geschaffen. Der VfGH pflichtet der Auffassung der Bundesregierung bei, daß für den Standpunkt der antragstellenden Landesregierung durch den Hinweis auf Slg. 7099/1973 allein schon aus dem Grunde nichts gewonnen werden kann, weil es bei der Einrichtung des Kuratoriums nicht um die Errichtung einer Kollegialbehörde geht, die dem Erfordernis des {Europäische Menschenrechtskonvention Art 6, Art. 6 Abs. 1 MRK} entsprechend als "Tribunal" eingerichtet werden muß.
Der normative Inhalt des {Rundfunkgesetz § 8, § 8 Abs. 1 Z 7 RFG} erschöpft sich ausschließlich in der Festlegung der Zuständigkeit und der Verpflichtung des Kuratoriums zur Beschlußfassung über eine Dienstordnung, bei deren Erlassung es sich nicht um einen hoheitlichen Akt handelt. Ein Verstoß dieser Bestimmung gegen {Bundes-Verfassungsgesetz Art 18, Art. 18 Abs. 2 B-VG} liegt demnach nicht vor.
Nach {Rundfunkgesetz § 9, § 9 Abs. 3 RFG} ist der Generalintendant außer an die sich aus den Gesetzen oder den Beschlüssen des Kuratoriums ergebenden Pflichten an keinerlei Weisungen und Aufträge gebunden. Der in Art. I Abs. 2 des B-VG BGBl. 396/1974 enthaltene Auftrag an den einfachen Bundesgesetzgeber zur Erlassung von Bestimmungen, die die Unabhängigkeit der Personen zu gewährleisten haben, die mit der Besorgung der Aufgaben des Rundfunks betraut sind, hat nicht den Ausschluß jeglichen Weisungsrechtes im innerbetrieblichen Bereich zum Inhalt. Zur Sicherstellung der Erfüllung der dem "Österreichischen Rundfunk" obliegenden Aufgaben und der dabei zu beachtenden, durch gesetzliche Vorschriften besonders vorgeschriebenen Auflagen (Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung usw.) ist eine Weisungsbefugnis geradezu unerläßlich. Die vorgesehene Regelung zur Erteilung von Weisungen im innerbetrieblichen Bereich steht daher mit Art. I des B-VG BGBl. 396/1974 nicht im Widerspruch.
Die Tätigkeit des Generalintendanten und der übrigen im § 13 Abs. 1 angeführten Funktionäre umfaßt nicht die Besorgung hoheitlicher Aufgaben. Diese Funktionen sind daher nicht öffentliche Ämter. Dazu kommt, daß die Bestellung der Funktionäre nach § 13 Abs. 1 - der VfGH folgt auch in dieser Hinsicht der Auffassung der Bundesregierung - nicht durch hoheitlichen Akt, sondern durch einen privatrechtlichen Vertrag erfolgt. Es folgt daraus, daß die Bestimmung, wonach für die Ausübung der Funktionen nach {Rundfunkgesetz § 13, § 13 Abs. 1 RFG} vom Erfordernis der Österreichischen Staatsbürgerschaft Ausnahmen vom Kuratorium genehmigt werden können, nicht mit Art. 3 StGG im Widerspruch steht.
Sowohl der Begriff "Kammern der freien Berufe" als auch der Begriff "bestellen gemeinsam" ist einer eindeutigen Auslegung zugänglich.
Nach {Rundfunkgesetz § 15, § 15 Abs. 2 Z 6 RFG} (Bestellung je eines Mitglieds der Hörervertretung und Sehervertretung durch die Rechtsträger der staatsbürgerlichen Bildungsarbeit im Bereich der politischen Parteien nach dem Bundesgesetz BGBl. 272/1972) steht nicht zu Art. 18 Abs. 1 B-VG in Widerspruch. Aus {Bundes-Verfassungsgesetz Art 18, Art. 18 Abs. 1 B-VG} kann nicht der Schluß abgeleitet werden, daß ein Gesetz mit dieser Verfassungsbestimmung in Widerspruch stehe, wenn es nicht allen möglichen vorhersehbaren und nichtvorhersehbaren Änderungen der tatsächlichen Verhältnisse, unter denen eine gesetzliche Regelung erlassen wird, Rechnung trägt. Bei einer solchen Änderung der Verhältnisse wird sich allenfalls die Notwendigkeit einer Änderung der gesetzlichen Regelung ergeben.
Gewiß läßt das RFG die Frage offen, ob die zu bestellenden zwanzig Mitglieder der Hörervertretung und Sehervertretung auf die angeführten Bereiche und Gruppen gleichmäßig (je zwei) verteilt werden sollen oder nicht. Für die Bestellung dieser Mitglieder sind in der gegenständlichen Gesetzesstelle zwei Aufträge enthalten, die der Bundeskanzler zu beachten hat, und zwar sollen die angeführten Bereiche und Gruppen eine "besondere Vertretung" in der Hörervertretung und Sehervertretung erhalten, ferner ist bei der Bestellung der Mitglieder auf Vorschläge von Einrichtungen und Organisationen Bedacht zu nehmen, die für diese Bereiche und Gruppen "repräsentativ" sind. Daraus ergibt sich, daß die Verteilung dieser Mitglieder auf die in Betracht kommenden Bereiche und Gruppen durchaus nicht in das Ermessen des Bundeskanzlers gestellt ist; die Regelung enthält, obgleich unter Verwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe, in ihrem Zusammenhang eine hinreichende Determinierung des Verhaltens des Bundeskanzlers bei der Bestellung der Mitglieder der Hörervertretung und Sehervertretung. Ob der Bundeskanzler dabei nach dem Inhalt dieser unbestimmten Gesetzesbegriffe vorgegangen ist, ist durchaus rechtlich überprüfbar.
Es folgt daraus, daß {Rundfunkgesetz § 15, § 15 Abs. 3 RFG} mit {Bundes-Verfassungsgesetz Art 18, Art. 18 Abs. 1 B-VG} nicht in Widerspruch steht.
Dem dem B-VG zugrundeliegenden demokratischen und föderalistischen Prinzip kommt die Bedeutung eines Gebotes an den Gesetzgeber zu, für die Hörervertretung und Sehervertretung eine Konstruktion nach der Art eines allgemeinen Vertretungskörpers vorzusehen. Die Abs. 2 und 3 des {Rundfunkgesetz § 15, § 15 RFG} sind daher nicht wegen eines Widerspruchs zum demokratischen und zum föderalistischen Prinzip des B-VG verfassungswidrig; sie widersprechen aber auch nicht dem Gleichheitsgebot des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 7, Art. 7 B-VG}.
Nach Art. I Abs. 2 des B-VG BGBl. 396/1974 hat der einfache Bundesgesetzgeber für den Rundfunk und seine Organisation die Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Berücksichtigung der Meinungsvielfalt, die Ausgewogenheit der Programme sowie die Unabhängigkeit der Personen und Organe zu gewährleisten, die mit der Besorgung der Aufgaben des Rundfunks betraut sind. Darin liegt eine bundesverfassungsgesetzliche Umschreibung der spezifischen Arbeitsbedingungen, die jenen Beschäftigten des Österreichischen Rundfunks zu gewährleisten sind, die in dieser Verfassungsbestimmung genannt sind. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit für eine entsprechende, alle diese Umstände berücksichtigende Gestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen dem Österreichischen Rundfunk und diesen Personen. Der Gesetzgeber ist dieser Verpflichtung in der Bestimmung des {Rundfunkgesetz § 17, § 17 Abs. 1 RFG} nachgekommen. Danach hat der Rundfunk die Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit aller programmgestaltenden Mitarbeiter zu beachten; darüber hinaus hat der Gesetzgeber für die journalistischen Mitarbeiter, also für jenen Personenkreis, dem in erster Linie die unmittelbare Herstellung von Hörfunkprogrammen und Fernsehprogrammen zur Erfüllung von Aufgaben des Österreichischen Rundfunks nach {Rundfunkgesetz § 2, § 2 Abs. 1 RFG} unter Beachtung der sich aus Art. I Abs. 2 des B-VG BGBl. 396/1974 ergebenden Prinzipien obliegt, weitere Garantien vorzusehen, die der Österreichische Rundfunk im Rahmen des durch privatrechtlichen Vertrag zu begründenden Beschäftigungsverhältnisses zu beachten hat.
Der VfGH kann nicht finden, daß die in den Abs. 1 bis 3 des § 18 RFG enthaltene Regelung über das Redakteurstatut deshalb verfassungswidrig sei, weil darin eine Rechtserzeugung in einer nach dem B-VG nicht vorgesehenen Rechtssatztype vorgesehen ist. Kommt nämlich der Bestimmung des {Rundfunkgesetz § 18, § 18 Abs. 1 RFG} ein Inhalt zu, nach dem durch das Redakteurstatut unmittelbare Rechte und Pflichten der einzelnen journalistischen Mitarbeiter nicht begründet werden, taucht die Frage, welcher Rechtsquellentype das Redakteurstatut zugehört, aus verfassungsrechtlicher Sicht überhaupt nicht auf.
Sollte das Gesetz aber den Inhalt haben, daß durch das Redakteurstatut unmittelbar Rechte und Pflichten der einzelnen journalistischen Mitarbeiter begründet werden, so kann es sich dabei nach dem klaren Wortlaut des {Rundfunkgesetz § 18, § 18 Abs. 1 RFG} nur um Rechte und Pflichten handeln, die im Hinblick auf die im B-VG BGBl. 396/1974 vorgegebenen Besonderheiten des privatrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses für journalistische Mitarbeiter des "Österreichischen Rundfunks" in den Grundsätzen bereits in {Rundfunkgesetz § 17, § 17 Abs. 1 RFG} festgelegt sind. Ihre Sicherstellung durch den Abschluß eines Redakteurstatuts zwischen dem Österreichischen Rundfunk und der gewählten Vertretung der journalistischen Mitarbeiter erfolgt im zivilrechtlichen (arbeitsrechtlichen) Bereich. Das Redakteurstatut ist daher nicht anders zu beurteilen als wie eine verfassungsrechtlich durchaus zulässige Betriebsvereinbarung.
Nach dem Wortlaut der Übergangsbestimmung des {Rundfunkgesetz § 33, § 33 Abs. 4 RFG} bleibt ein Redakteurstatut, wenn am 15. Oktober 1974 ein solches in Geltung gestanden ist, das von der "Österreichischer Rundfunk Gesellschaft m.b.H." und von einer gewählten Vertretung der journalistischen Mitarbeiter anderseits abgeschlossen worden war, unter den in der Bestimmung näher umschriebenen Voraussetzungen in Geltung. Einem solchen Redakteurstatut kommt nicht die Qualität eines Gesetzes oder einer Verordnung zu. Es gelten daher auch nicht die für die Kundmachung von Gesetzen und Verordnungen vorgesehenen Publikationsvorschriften.