JudikaturVfGH

B399/74 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
23. Juni 1975

Bei der Regelung der Einrichtung eines Disziplinarverfahrens in einem Kollektivvertrag oder in einer Betriebsvereinbarung ({Arbeitsverfassungsgesetz § 102, § 102 Arbeitsverfassungsgesetz}) handelt es sich um eine Angelegenheit des Privatrechtes. Die Erkenntnisse der nach solchen Bestimmungen eingerichteten Disziplinarkommissionen sind nicht Hoheitsakte, sondern haben privatrechtlichen Charakter. Die Entscheidung einer solchen Disziplinarkommission kann weder Dritten noch einer Behörde gegenüber unmittelbar Rechtswirkungen begründen.

§ 106 Abs. 2 ArbVG hat nicht die Bedeutung, daß die darin enthaltene Regelung über das Erfordernis der Zustimmung des Betriebsrates dann nicht anzuwenden sei, wenn der Ausspruch der Entlassung zur Verwirklichung einer Disziplinarmaßnahme, die nach § 102 ArbVG der Zustimmung des Betriebsrates bedarf, sofern darüber nicht eine mit Zustimmung des Betriebsrates eingerichtete Stelle, d. i. eine in einem Kollektivvertrag eingerichtete Disziplinarkommission, entscheidet, vorgenommen worden ist. Die Zustimmung des Betriebsrates nach {Arbeitsverfassungsgesetz § 102, § 102 ArbVG} zur Einrichtung einer Stelle, die über die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme entscheidet, oder zur Verhängung der Disziplinarmaßnahme selbst, wenn eine solche Stelle nicht eingerichtet ist, ist nicht auch die Zustimmung des Betriebsrates nach {Arbeitsverfassungsgesetz § 106, § 106 Abs. 2 ArbVG}.

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