JudikaturVfGH

B22/75 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
17. Juni 1975

Keine Bedenken gegen § 30 Abs. 1 Wr. Veranstaltungsgesetz.

Gemäß dem Glücksspielgesetz, BGBl. 169/1962, ist u. a. das Recht zur Durchführung von Ausspielungen, d. s. Glücksspiele, bei denen der Unternehmer (Veranstalter) den Spielern für eine vermögensrechtliche Leistung eine Gegenleistung in Aussicht stellt, "soweit nichts anderes bestimmt wird" , dem Bund vorbehalten ( Glücksspielmonopol) ; zugleich wird allerdings bestimmt, daß solche Ausspielungen, bei denen die Entscheidung über Gewinn und Verlust mit Hilfe einer mechanischen Vorrichtung herbeigeführt wird, nicht dem Glücksspielmonopol unterliegen, wenn die Gewinne in Waren bestehen und der Einsatz 2 S nicht übersteigt (§§ 2, 3 und 4 Abs. 2) . Gemäß {Bundes-Verfassungsgesetz Art 10, Art. 10 Abs. 1 Z 4 B-VG} ist in Angelegenheiten des Monopolwesens die Gesetzgebung und die Vollziehung Bundessache. In Ausübung dieser Kompetenz hat der Bundesgesetzgeber im GlücksspielG die dargelegte Abgrenzung vorgenommen. Dazu ist er berechtigt. Mit dem im B-VG verwendeten Begriff "Monopolwesen" werden - wie auch aus der Verwendung des Ausdruckes "Monopol" im Kundmachungspatent der GewO 1859, Art. VIII, und im Grundgesetz über die Reichsvertretung, RGBl. 141/1867, § 11 lit. c, erschlossen werden kann - die staatlichen Monopole verstanden.

Wenn auch der VfGH in seiner Rechtsprechung aus dem einer Materienbezeichnung angefügten Worte "wesen" abgeleitet hat, daß damit das gesamte betreffende Verwaltungsgebiet aus der generellen Länderkompetenz herausgehoben ist (vgl. Slg. 2192/1951, 5833/1968) , daß aber damit nicht mehr umschrieben ist, als nach der durch die Rechtsordnung im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Kompetenzregelung gegebenen Ausprägung des Begriffes damals darunterfiel (vgl. Slg. 4348/1963, 5833/1968) , so hat der VfGH doch auch den Standpunkt vertreten, daß ein mit dem Wort "wesen" gekennzeichneter Kompetenztatbestand keineswegs durch die Summe der im Zeitpunkt seiner Straffung bestehenden Bestimmungen erschöpft ist, sondern jederzeit auch neue Regelungen darunterfallen, sofern sie nur nach ihrem Inhalt systematisch der betreffenden Materie angehören (vgl. Slg. 2658/1954, 3670/1960, 5748/1968) .

Neue Regelungen, die nach ihrem Inhalt systematisch dieser Materie angehören, können darin bestehen, bestimmte Tätigkeiten dem Bund vorzubehalten oder solche Vorbehalte wieder rückgängig zu machen.

Nimmt der Bundesgesetzgeber eine Tätigkeit ausdrücklich von ihrer Unterstellung unter ein Monopol aus, so besteht verfassungsrechtlich kein Hindernis, daß diese Tätigkeit von dem hiezu zuständigen Gesetzgeber einer Regelung unterzogen wird. Dies gilt insbesondere auch für Tätigkeiten, die dem Begriff der "öffentlichen Schaustellungen, Darbietungen und Belustigungen" i. S. des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 15, Art. 15 Abs. 3 B-VG} zuzuordnen sind.

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