B128/74 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
§ 212 Abs. 1 BAO regelt die Hinausschiebung des Zeitpunktes der Entrichtung einer Abgabe (Stundung) und die Entrichtung einer Abgabe in Raten auf Ansuchen des Abgabepflichtigen und bindet eine solche Maßnahme an bestimmte Voraussetzungen. Aus dem Umstand, daß die Einbehaltung der Lohnsteuer durch den Arbeitgeber nicht ein der Finanzbehörde zuzurechnender Akt ist, ergibt sich keinesfalls, daß ein auf {Bundesabgabenordnung § 212, § 212 Abs. 1 BAO} gestütztes Ansuchen mangels Zuständigkeit der Finanzbehörde ins Leere geht. Wenn die Behörde der Ansicht ist, daß die durch den Arbeitgeber einzubehaltende und dem Finanzamt abzuführende Lohnsteuer nicht gestundet werden kann, hat sie über das Stundungsansuchen eine abweisende Sachentscheidung zu treffen, darf es aber nicht zurückweisen.
Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde nur dann verletzt, wenn die Behörde eine ihr nach dem Gesetz zukommende Zuständigkeit ablehnt oder wenn die Behörde eine Zuständigkeit in Anspruch nimmt, die ihr nach dem Gesetz nicht zukommt. In der Zurückweisung eines Ansuchens mangels Zuständigkeit der Behörde liegt die Ablehnung ihrer Zuständigkeit.