B221/73 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Der VfGH hat in seinem Erk. Slg. 6857/1972 in bezug auf einen aufsichtsbehördlichen Bescheid, mit dem die Genehmigung einer von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich getroffenen Maßnahme versagt wurde, ausgesprochen, daß ein solcher Bescheid das Recht der Gemeinde auf Selbstverwaltung verletzt, wenn er ohne gesetzliche Grundlage oder auf Grund eines verfassungswidrigen Gesetzes oder einer gesetzwidrigen Verordnung oder gesetzwidrigerweise erlassen wird.
Hiebei hat der VfGH auf sein Erk. Slg. 6510/1971 verwiesen, demzufolge dieses Recht schon durch jede gesetzwidrige Beschränkung und nicht bloß durch eine einer Gesetzlosigkeit gleichkommende denkunmögliche Anwendung eines Gesetzes verletzt wird, da es nicht unter einem Gesetzesvorbehalt gewährleistet ist. Der VfGH sieht sich veranlaßt, diesen Standpunkt, der gleichermaßen für Vorstellungsbescheide maßgebend wäre, einer neuerlichen Prüfung zu unterziehen. Der VfGH hat bereits in seinem Erk. Slg. 5708/1968 darauf hingewiesen, daß das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde der Einschränkung durch das dem Bund und dem Land zustehende Aufsichtsrecht ({Bundes-Verfassungsgesetz Art 118, Art. 118 Abs. 4 B-VG}) im Umfang des Art. 119 a B-VG unterliegt. Daraus folgt, daß eine gegen das Selbstverwaltungsrecht verstoßende Verfassungswidrigkeit nur dann und insoweit vorliegt, als eine staatliche Behörde eine Maßnahme trifft, insbesondere einen Bescheid erläßt, womit das Recht der Gemeinde auf Besorgung einer bestimmten Angelegenheit im eigenen Wirkungsbereich schlechthin verneint wird. Beispielsweise sei angeführt, daß die Aufsichtsbehörde einen gemeindebehördlichen Bescheid auf Grund einer Vorstellung zu Unrecht mit der Begründung aufhebt, die Angelegenheit falle nicht in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde, oder im Vorstellungsverfahren einen Bescheid erläßt, mit dem nach Art einer Berufungsentscheidung in der Verwaltungssache selbst entschieden wird.