KI-1/74 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Durch den Bescheid des BM für Bauten und Technik wurde ein Berufungsantrag des Antragstellers auf Zuerkennung einer Entschädigung für Nachteile, die ihm aus der Verweigerung einer Ausnahmebewilligung gemäß § 19 a Bundesstraßengesetz 1948 entstanden sind, wegen Unzuständigkeit mit der Begründung zurückgewiesen, daß über diesen Antrag die Gerichte zu entscheiden hätten. Durch den Beschluß des Kreisgerichtes St. Pölten wurde ein Antrag des Antragstellers auf Festsetzung einer Entschädigung aus dem gleichen Grunde wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückgewiesen. Es haben sohin sowohl eine Verwaltungsbehörde als auch ein Gericht die Entscheidung über einen auf denselben Grund gestützten Antrag abgelehnt. Es liegt also ein negativer Kompetenzkonflikt vor. Zur Entscheidung zuständig ist der BM, wenn der erstinstanzliche Bescheid eine Entscheidung dem Grunde nach verweigert.
Aus dem Zusammenhalt der Bestimmungen des § 21 Abs. 3 mit § 20 Abs. 2 erster Satz Bundesstraßengesetz 1971 ergibt sich, daß über einen auf § 21 Abs. 3 BStG 1971 gestützten Entschädigungsantrag zunächst der Landeshauptmann zu entscheiden hat. Darüber, ob gegen einen Bescheid des Landeshauptmannes, mit dem eine Entschädigung dem Grunde nach verweigert wird, eine Berufung zulässig ist, enthält § 20 Abs. 3 BStG 1971 keine ausdrückliche Regelung. Dem ersten Satz des § 20 Abs. 3 BStG 1971 kommt jedoch nicht die Bedeutung zu, daß gegen eine Entscheidung des Landeshauptmannes eine Berufung nur bezüglich der Notwendigkeit, den Gegenstand und den Umfang der Enteignung zulässig ist, sondern daß auch hinsichtlich der Verweigerung einer Entschädigung dem Grunde nach die Berufung zulässig ist. Dafür spricht nicht nur, daß der zweite Satz die Berufung nur hinsichtlich der Höhe "der im Verwaltungswege zuerkannten Entschädigung" für unzulässig erklärt, sondern auch die Regelung des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 103, Art. 103 Abs. 4 B-VG}, wonach der administrative Instanzenzug in der mittelbaren Bundesverwaltung nur dann nicht bis zum zuständigen BM geht, wenn durch Bundesgesetz "ausdrücklich anderes bestimmt ist" . Eine solche "ausdrückliche" Abkürzung des Instanzenzuges liegt bezüglich des Anspruches auf Entschädigung dem Grunde nach keinesfalls vor. Da sich die Berufung gegen die Annahme des Landeshauptmannes richtet, daß der Anspruch dem Grunde nach nicht gegeben sei, ist der BM zur Entscheidung über die Berufung zuständig. Dagegen waren die ordentlichen Gerichte, weil Gegenstand des bei ihnen gestellten Antrages nicht die Festsetzung "der Höhe der im Verwaltungswege zuerkannten Entschädigung" war, zur Entscheidung über diesen Antrag nicht zuständig.