JudikaturVfGH

B7/74 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
07. Juni 1974

Wie der VfGH in seinem Erk. Slg. 3601/1959 dargetan hat, räumt das Eigentumsrecht dem Eigentümer eines Grundstückes die im {Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch § 362, § 362 ABGB} umschriebenen Rechte nur am eigenen Grundstück ein. Nun wird allerdings das Eigentum privatrechtlich durch das Nachbarrecht ({Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch § 364, § 364 ABGB}) eingeschränkt. Es ist aber offensichtlich, daß die hiedurch dem Eigentümer eingeräumten Rechte in keiner Weise eine Grundlage geben, auf den Bauabstand im Nachbargrundstück und auf dessen bauliche Gestaltung Einfluß zu nehmen. Hiezu bedürfte es eines besonderen Privatrechtstitels, der über das Eigentumsrecht hinausgeht.

Die Bestimmung des auf der Stufe eines Landesgesetzes stehenden § 13 Abs. 4 lit. a Reichsgaragenordnung läßt als lex specialis gegenüber der Linzer Bauordnung eine Abweichung von den Bestimmungen der §§ 59 bis 62 dieser Bauordnung über den Bauwich zu.

Nach § 13 Abs. 4 lit. a Reichsgaragenordnung kann die Baugenehmigungsbehörde die Errichtung von Kleingaragen an der Nachbargrenze zulassen; dazu wird bestimmt, daß dann, wenn die Anlagen zwischen der seitlichen Nachbargrenze und vorhandenen oder nach den bestehenden Bauvorschriften noch zulässigen Gebäuden errichtet werden sollen, der Zwischenraum entweder in voller Breite zu überbauen oder ein ausreichender Seitenabstand zu halten ist; die Baugenehmigungsbehörde kann in jedem einzelnen Baufall oder allgemein das Höchstmaß für die Höhe der Garage oder des Schutzdaches festsetzen. Ein Teilbebauungsplan der Stadt Linz sieht bezüglich einer Parzelle die eingeschoßige Überbauung des Zwischenraumes in voller Breite vor. Das Flächenausmaß liegt unter dem für Kleingaragen vorgesehenen Maximalausmaß von 100 m2. Der Bebauungsplan läßt daher eine dem § 13 Abs. 4 lit. a ReichsgaragenO entsprechende Errichtung einer Kleingarage zu. Wenn der Bf. meint, dies verstoße gegen die Bestimmungen der §§ 59 bis 62 Linzer Bauordnung über den Bauwich, so trifft dies zwar zu; es kann dies jedoch deshalb keine Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit des Teilbebauungsplanes begründen, weil die Bestimmung des auf der Stufe eines Landesgesetzes stehenden § 13 Abs. 4 lit. a ReichsgaragenO als eine lex specialis gegenüber der Linzer BauO eine solche Abweichung von diesen Bestimmungen über den Bauwich zuläßt.

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