JudikaturVfGH

B279/73 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
14. März 1974

Wie sich aus dem Zusammenhalt des {Strafprozeßordnung 1975 § 143, § 143 Abs. 1 StPO} mit {Strafprozeßordnung 1975 § 98, § 98 Abs. 2 StPO} ergibt, sind - abgesehen von Sachen, die dem Verfall unterliegen - solche Gegenstände in Beschlag zu nehmen, "an oder mit denen die strafbare Tat verübt worden ist oder die der Täter am Orte der Tat zurückgelassen haben dürfte, überhaupt Gegenstände, die vom Beschuldigten oder vom Zeugen anzuerkennen sind oder in anderer Weise zur Herstellung des Beweises dienen können" . Im vorliegenden Fall ist der durchaus mögliche Versuch unterlassen worden, die Sachlage an Ort und Stelle klarzustellen. Im Hinblick auf das Unterbleiben eines solchen Versuches ist es denkunmöglich, allein auf Grund des Umstandes, daß das Kraftfahrzeug in der sicherheitsbehördlichen Fahndungsliste als entfremdet ausgeschrieben ist, zur Annahme zu gelangen, daß es als Beweismittel eines gerichtlichen Strafverfahrens in Betracht kommt.

Rechtswidrige Verhaftung im Dienste der Strafjustiz ohne richterlichen Haftbefehl (Ausschreibung eines angeblich gestohlenen PKW im Fahndungsblatt, Verhaftung des PKW-Inhabers) ; kein Haftgrund der StPO; die bel. Beh. verkennt, daß {Strafprozeßordnung 1975 § 175, § 175 Abs. 1 Z 1 StPO} nicht bloß im Falle der Betretung auf frischer Tat, sondern auch in den anderen von ihr umfaßten Fällen (arg. "unmittelbar") einen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen der Tat und dem behördlichen Einschreiten gegen den Verdächtigen erfordert. Von einem solchen engen zeitlichen Zusammenhang kann dann, wenn seit der Tat ein Zeitraum von mehr als einem halben Jahr verstrichen ist (wovon die intervenierenden Sicherheitswachebeamten Kenntnis hatten) , überhaupt nicht die Rede sein.

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