B265/73 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Keine Bedenken gegen § 129 Abs. 2 und § 135 Abs. 3 Bauordnung im Hinblick auf {Europäische Menschenrechtskonvention Art 6, Art. 6 MRK}.
Der VfGH hat schon in seinem Erk. Slg. 5021/1965 ausgeführt, daß der Vorbehalt der Republik Österreich zu {Europäische Menschenrechtskonvention Art 5, Art. 5 MRK} hinsichtlich der Verfahrensgesetze BGBl. 172/1950, bezüglich dieser Verfahren auch die Anwendung des {Europäische Menschenrechtskonvention Art 6, Art. 6 MRK} ausschließt; er verwies darauf, daß auch die Europäische Menschenrechtskommission in ihrer Entscheidung vom 18. Dezember 1963, 1452/62, die gleiche Meinung vertrat. Der VfGH hält an dieser Rechtsprechung fest.
Der Bf. behauptet, daß § 5 Abs. 1 VStG 1950, der einen Entlastungsbeweis vorsieht, im Widerspruch zu Art. 6 MRK stehe, wonach bis zum gesetzlichen Nachweis seiner Schuld vermutet wird, daß der wegen einer strafbaren Handlung Angeklagte unschuldig ist. Der VfGH hat jedoch keine Bedenken dieser Art. Er hat in seinem Erk. Slg. 5021/1965 ganz allgemein ausgeführt, daß der österreichische Vorbehalt zu Art. 5 MRK auch den {Europäische Menschenrechtskonvention Art 6, Art. 6 MRK} mit umfasse. Er hat die Meinung vertreten, daß das Verfahren als Ganzes betrachtet werden müsse. Wenn die Verhängung einer Freiheitsstrafe durch eine Verwaltungsbehörde auf Grund des Vorbehaltes zu {Europäische Menschenrechtskonvention Art 5, Art. 5 MRK} möglich ist, so müsse auch das Verfahren, das zu einer solchen Verurteilung führt, durch denselben Vorbehalt gedeckt sein. Auch die Europäische Menschenrechtskommission hat in ihrer angeführten Entscheidung ausgeführt, daß der österreichische Vorbehalt so auszulegen ist, daß er nicht nur" Maßnahmen des Freiheitsentzuges "erfaßt, sondern auf Grund der im Vorbehalt genannten Gesetze, auch das ganze Verfahren, das zu der Entscheidung führt.