JudikaturVfGH

B146/73 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
11. Oktober 1973

Das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) regelt in den §§ 2 bis 15 die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Wohnungsunternehmens als gemeinnützig. § 9 WGG enthält Bestimmungen darüber, welche vermögensrechtliche Behandlung den Mitgliedern oder Gesellschaftern des Wohnungsunternehmens satzungsgemäß und tatsächlich zukommen muß, damit die Anerkennung ausgesprochen werden kann. Eine einmal ausgesprochene Anerkennung verliert gemäß § 19 WGG nur dadurch ihre Wirksamkeit, daß sie rechtskräftig entzogen wird. Ein einseitiger Verzicht durch das Wohnungsunternehmen ist unzulässig. Gemäß § 19 Abs. 2 WGG muß die Anerkennung entzogen werden, wenn u. a. Aufbau und Satzung des Wohnungsunternehmens den gesetzlichen Vorschriften, insbesondere den §§ 2 bis 15, nicht mehr entspricht (lit. a) , oder der tatsächliche Betrieb des Wohnungsunternehmens den gesetzlichen Vorschriften, insbesondere den §§ 2 bis 15, zuwiderläuft (lit. b) .

Die Anerkennungsbehörde hat demnach, wenn ein gesellschaftsrechtlich konstituiertes und als gemeinnützig anerkanntes Wohnungsunternehmen in den Gesellschaftsvertrag eine Bestimmung aufnimmt, die den §§ 2 bis 15 WGG nicht entspricht, die Anerkennung als gemeinnützig zu entziehen. Die Behörde hat aber nicht die Befugnis, in die Gestaltung des Gesellschaftsverhältnisses in der Weise einzugreifen, daß sie dessen Anpassung an die Bestimmungen der §§ 2 bis 15 WGG anordnet.

Sie kann sich auch nicht auf ihr Aufsichtsrecht berufen. Sie kann nur über die Aufsichtsmittel verfügen, die ihr das Gesetz einräumt. Das Gesetz enthält jedoch keine Bestimmung, wonach als Aufsichtsmittel ein Auftrag der im angefochtenen Bescheid erteilten Art zulässig wäre. Es ist sicherlich möglich, daß die Behörde, bevor sie gegenüber einer als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen anerkannten Gesellschaft das Verfahren zur Entziehung der Anerkennung einleitet, dem Unternehmen eine Aufforderung zukommen läßt, das Gesellschaftsverhältnis in der Weise zu gestalten, daß es den Bestimmungen der §§ 2 bis 15 WGG entspricht; ein Auftrag solcher Art kann jedoch bescheidmäßig nicht erteilt werden.

Der angefochtene Bescheid ist an die bf. Gesellschaft gerichtet und legt ihr die Verpflichtung auf, den Gesellschaftsvertrag zu ergänzen und abzuändern. Durch die auferlegten Ergänzungen und Abänderungen werden Rechte der Gesellschaft unmittelbar gestaltet. Es ist daher die Beschwerdeberechtigung der bf. Gesellschaft wie auch des bf. Gesellschafters gegeben.

VO LGBl. 9/1973 siehe Slg. 6849/1972.

Gemäß § 69 Abs. 4 AVG 1950 steht die Entscheidung über einen Wiederaufnahmeantrag der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat. Ob die Behörde," die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat ", zuständig gewesen ist, diesen Bescheid zu erlassen, ist nach § 69 Abs. 4 AVG 1950 für die Zuständigkeit zur Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag bedeutungslos.

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