B277/72 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
{Bundesabgabenordnung § 295, § 295 Abs. 1 erster Satz BAO} in der ursprünglichen Fassung ordnet in bezug auf einen Bescheid, der auf einem Feststellungsbescheid beruht, an, daß jener ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist oder nicht, im Fall der Änderung des zugrundeliegenden Bescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen ist. Der VfGH teilt zwar die von den Streitteilen übereinstimmend vertretene Ansicht, daß dem Wortlaut der zit. Gesetzesstelle der Fall des sog. nachträglichen Feststellungsbescheides nicht unterstellt werden kann, hält aber dennoch die von der bel. Beh. vertretene Rechtsauffassung für denkmöglich. Nach {Bundesabgabenordnung § 192, § 192 BAO} werden in einem Feststellungsbescheid enthaltene Feststellungen, die (u. a.) für Abgabenbescheide von Bedeutung sind, diesen Bescheiden zugrunde gelegt, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist. § 188 Abs. 1 BAO sieht vor, daß bestimmte Einkünfte, darunter solche aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens, einheitlich und gesondert festgestellt werden, wenn an den Einkünften mehrere Personen beteiligt sind. Da diese Bestimmungen die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften, sowie Berücksichtigung ihres Ergebnisses zwingend vorsehen, kann aus ihrem Zusammenhalt insbesondere für Feststellungsbescheide der erwähnten Art abgeleitet werden, daß ihr für den Abgabenbescheid bedeutsamer Inhalt nach der Absicht des Gesetzgebers auf jeden Fall im Abgabenbescheid Berücksichtigung finden soll. Bei dieser Gesetzeslage erachtet der VfGH die Ansicht für denkmöglich, § 295 Abs. 1 BAO (in der ursprünglichen Fassung) sei über dessen bloßen Wortlaut hinaus dahin auszulegen, daß ein Feststellungsbescheid i. S. des {Bundesabgabenordnung § 188, § 188 Abs. 1 BAO} auch dann Anlaß zur amtswegigen Ersetzung eines Abgabenbescheides bietet, wenn jener - ohne einen früheren Feststellungsbescheid abzuändern - erst nach dem Abgabenbescheid erlassen wird. Auch aus der Novellierung des {Bundesabgabenordnung § 295, § 295 Abs. 1 BAO} durch das Bundesgesetz BGBl. 134/1969, mit der der Fall der nachträglichen Erlassung des Feststellungsbescheides in den Anwendungsbereich dieser Gesetzesstelle ausdrücklich einbezogen worden ist, läßt sich nicht ableiten, daß die von der bel. Beh. vertretene Rechtsanschauung denkunmöglich ist. Hiezu wird auf die EB zu der diese Novelle betreffenden RV (860 BlgNR, XI. GP) hingewiesen, in denen folgendes ausgeführt wird:" Die Ergänzung des § 295 durch ausdrückliche Erwähnung auch nachträglich erlassener Grundlagenbescheide erweist sich als erforderlich, wenn der derzeitige Wortlaut diesen Fall nicht zweifelsfrei erfaßt. " Zum Problem der Nullfestsetzung bei Feststellungsbescheiden betreffend eine Hausgemeinschaft: Soweit sich die beiden Bescheide über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften für das Jahr 1966 bzw. 1967 vom 8. November 1968 auf die Bfin. beziehen, haben sie - unter Bedachtnahme auf die in den Vordrucken vorgenommenen Streichungen - folgenden Wortlaut:" Für Hausgemeinschaft Wien 13, S-gasse, vertreten durch - werden die im Kalenderjahr 1966 (bzw. 1967) erzielten Einkünfte gemäß {Bundesabgabenordnung § 188, § 188 BAO} einheitlich festgestellt: Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung unbeweglichen Vermögens mit 0 Schilling. Die gesonderte Feststellung der Anteile der Beteiligten an den gemeinsamen Einkünften möge der umseitigen Darstellung entnommen werden. ("umseitige Darstellung" nicht wiedergegeben) .
Schon aus der zusammenschauenden Betrachtung des Wortlautes beider Feststellungsbescheide folgt, daß die bel. Beh. deren Inhalt keineswegs denkunmöglich angenommen hat. Wird nämlich der Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten mit 0 Schilling festgestellt, so kann bei Bedachtnahme auf den Zusammenhang zwischen dieser Feststellung und dem ihr vorangehenden Satz abgeleitet werden, daß mit dieser ziffernmäßigen Feststellung zugleich auch die Höhe der gegenständlichen Einkünfte festgestellt wird.