B285/70 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Nach § 34 erster Satz VerfGG 1953 kann eine Wiederaufnahme des Verfahrens nur in den Fällen der Art. 137, 143 und 144 B-VG stattfinden. Auf eine Wiederaufnahme des Verfahrens in den Fällen der Art. 137 und 144 B-VG finden nach den §§ 35 VerfGG 1953, 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung des VfGH die Bestimmungen der ZPO sinngemäß Anwendung. § 530 Abs. 1 ZPO sieht die Wiederaufnahme eines Verfahrens auf Antrag einer Partei nur unter der Voraussetzung vor, daß dieses durch Urteil geschlossen worden ist. Aus dieser Regelung hat der VfGH in seinem Beschluß Slg. 898/1927 abgeleitet, daß ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens über eine auf {Bundes-Verfassungsgesetz Art 144, Art. 144 B-VG} gestützte Beschwerde nicht zulässig ist, wenn diese infolge des Vorliegens eines Prozeßhindernisses mit Beschluß zurückgewiesen worden ist. Eine neuerliche Prüfung dieser Rechtsfrage führt jedoch zum Ergebnis, daß der erwähnte Standpunkt zumindest insoweit nicht aufrechterhalten werden kann, als es sich um die Zurückweisung einer Beschwerde wegen Mangels der Legitimation des Bf. handelt. Denn bei der sinngemäßen Anwendung der Vorschrift des {Zivilprozeßordnung § 530, § 530 Abs. 1 ZPO} auf das verfassungsgerichtliche Beschwerdeverfahren kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, daß nur ein im Beschwerdeverfahren gefälltes Erk. einem zivilgerichtlichen Urteil gleichzuhalten sei.
Berücksichtigt man nämlich, daß der Mangel der Beschwerdelegitimation zur Zurückweisung der Beschwerde in der Entscheidungsform eines Beschlusses, das Fehlen der ihr vergleichbaren aktiven Klagslegitimation jedoch zur Abweisung des Klagebegehrens durch Urteil führt, so folgt daraus, daß {Zivilprozeßordnung § 530, § 530 Abs. 1 ZPO} bei sinngemäßer Anwendung auf das verfassungsgerichtliche Beschwerdeverfahren neben Erk. auch prozeßbeendende Beschlüsse des erwähnten Inhaltes umfaßt.