B183/72 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Nach {Vereinsgesetz 1951 § 10, § 10 Vereinsgesetz} 1951 gelten die Bestimmungen der §§ 4 bis 9 dieses Gesetzes (mit der im § 11 erwähnten, hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme) u. a. auch für die Vornahme von Statutenänderungen. § 4 Abs. 3 VereinsG 1951 (Fassung BGBl. 102/1962) bestimmt, daß der Vereinsname einen wesentlichen Bestandteil der Statuten bildet. Der Name muß so beschaffen sein, daß er einen Schluß auf den Vereinszweck zuläßt und Verwechslungen mit anderen Vereinen oder Einrichtungen ausschließt. Der VfGH ist der Ansicht, daß die beabsichtigte Änderung des Vereinsnamens "Wiener Immobilienmarkt" in "Wiener Immobilienbörse" sowie die entsprechenden weiteren Statutenänderungen der zit. Bestimmung des {Vereinsgesetz 1951 § 4, § 4 Abs. 3 VereinsG 1951} widersprechen, weil die Bezeichnung "Börse" Verwechslungen mit anderen Einrichtungen, nämlich mit einer Börse als Organistationstypus i. S. der durch das Börsenüberleitungsgesetz 1948, BGBl. 160, wieder in Kraft gesetzten börsenrechtlichen Vorschriften, insbesondere des Gesetzes vom 1. April 1875, RGBl. 67/1875, betreffend die Organisierung der Börsen (Börsengesetz 1875) in der geltenden Fassung nicht ausschließt. Aus dem BörsenG 1875 ergibt sich, daß unter "Börse" ein fest umrissener Begriff zu verstehen ist, der insbesondere durch staatliche Bewilligung, genehmigtes Statut, staatliche Aufsicht, amtliche Kursfestsetzung und weitere Aufsichtsmaßnahmen (Enthebung der Börsenleitung, Schließung der Börse) gekennzeichnet ist. Durch die Verwendung des Wortes "Börse" im Vereinsnamen würde der bf. Verein den unzutreffenden Eindruck erwecken, daß diese für den Begriff Börse charakteristischen Umstände zur Gänze oder zumindest teilweise zutreffen. (Es folgt ein Hinweis auf Slg. 3258/1957.) Bei behaupteter Verletzung des Vereinsrechtes umfaßt die Zuständigkeit des VfGH auch die formalen verfahrensrechtlichen Fragen, weil jeder Verwaltungsbescheid, der eine Behinderung des Rechtes, Vereine zu bilden mit sich bringt und den in Betracht kommenden gesetzlichen Bestimmungen nicht entspricht, nicht nur eine Gesetzwidrigkeit i. S. des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 130, Art. 130 B-VG}, sondern auch eine Verletzung des durch Art. 12 StGG gewährleisteten Rechtes darstellt.
Es tritt in jedem solchen Falle die im {Bundes-Verfassungsgesetz Art 144, Art. 144 Abs. 1 B-VG} festgelegte Sonderverwaltungsgerichtsbarkeit des VfGH ein, die nach {Bundes-Verfassungsgesetz Art 133, Art. 133 B-VG} die Zuständigkeit des VwGH ausschließt, weil sich der Gegenstand der Beschwerde in der behaupteten Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte erschöpft (vgl. Slg. 1735/1949, 4490/1963, 5870/1968) .