B113/72 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Mit dem Beschluß des Landesgerichtes Linz wurde die Beschlagnahme ausnahmslos aller "in den Räumlichkeiten und dazugehörigen Nebenräumlichkeiten" der vom Bf. geleiteten Linzer Filiale "sichergestellten Buchwerke pornographischen Inhalts" angeordnet.
Auch die im Eigentum des Bf. stehenden, unbestrittenermaßen pornographischen Bücher wurden, wie das vom VfGH durchgeführte Beweisverfahren ergeben hat, in den im Gerichtsbeschluß genannten Räumlichkeiten beschlagnahmt. Ihre Beschlagnahme war daher durch diesen Beschluß gedeckt. Sie kann deshalb nicht der bel. Beh., sie muß vielmehr dem Landesgericht Linz zugerechnet werden. Die Beschwerde richtet sich also insoweit gegen einen Akt der Gerichtsbarkeit, zu dessen Überprüfung der VfGH nicht berufen ist.
Die Beschlagnahme von Filmen dagegen war durch den Beschluß des Landesgerichtes Linz offenkundig nicht gedeckt; diese Amtshandlung ist danach der bel. Beh. zuzurechnen. Sie erfolgte aber in denkmöglicher Anwendung des {Strafprozeßordnung 1975 § 24, § 24 StPO}.
Nach Art. V EGVG finden, sofern sich aus den Vorschriften über das strafgerichtliche Verfahren nichts anderes ergibt, die Bestimmungen des VStG 1950 auch auf die Amtshandlungen sinngemäß Anwendung, die von den Verwaltungsbehörden im Dienste der Strafjustiz vorzunehmen sind. Da sich aus den Vorschriften über das strafgerichtliche Verfahren nichts anderes ergibt, war daher im gegenständlichen Fall auch {Verwaltungsstrafgesetz 1991 § 39, § 39 Abs. 4 VStG} sinngemäß anzuwenden. Nach dieser Bestimmung können, wenn die Beschlagnahme anders nicht durchführbar ist, auch dem Verfall nicht unterliegende Behältnisse, in denen sich die mit Beschlag belegten Gegenstände befinden, vorläufig beschlagnahmt werden. Der VfGH ist der Meinung, daß die Beschlagnahme des Koffers zumindest denkmöglich auf diese verfassungsrechtlich unbedenkliche Vorschrift gestützt werden könnte.
Durch die verfassungsgesetzlich gewährleistete Unverletzlichkeit des Hausrechtes soll ein die persönliche Würde und Unabhängigkeit verletzender Eingriff in den Lebenskreis, in Dinge, die man im allgemeinen berechtigt und gewohnt ist, dem Einblick Fremder zu entziehen, hintangehalten werden (Slg. 5182/1965) . Die in Beschwerde gezogene Amtshandlung hat in Räumen stattgefunden und sich auf Gegenstände bezogen, die nicht zum privaten Lebenskreis des Bf., sondern zu dem seines Dienstgebers gehören. Der Schutz des Hausrechtes kommt daher nur diesem, nicht aber jenem zu. Der Bf. ist allein schon deshalb im Hausrecht nicht verletzt worden.
Der Bf. hat behauptet, er wäre durch Androhung der sofortigen Verhaftung gezwungen worden, den bei einem Nachbarn deponierten Koffer samt Inhalt "stellig zu machen" . Mit Rücksicht auf das Ergebnis des Beweisverfahrens sah sich der VfGH außerstande, die Behauptung des Bf., er habe sich zur Herbeischaffung des Koffers unter dem Druck einer ihm angedrohten Verhaftung entschlossen, als erwiesen anzunehmen.