B30/71 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Wie der VfGH in den Erk. Slg. 3159/1957 und 5084/1965 ausgeführt hat, ist die Legitimation eines Gesellschafters zur Beschwerdeführung gegen einen an die OHG gerichteten Bescheid nur dann gegeben, wenn der angefochtene Bescheid die Rechtsstellung des Gesellschafters unmittelbar beeinflussen kann. Gemäß § 10 Wiener Abgabenordnung (WAO) haften, wenn Personenvereinigungen ohne eigene Rechtspersönlichkeit als solche abgabepflichtig sind, zwar die Gesellschafter persönlich für die Abgabenschulden der Gesellschaft im Umfang der Vorschriften des bürgerlichen Rechts, eine solche Haftung ist jedoch durch Erlassung von Haftungsbescheiden geltend zu machen ({Bundesabgabenordnung § 171, § 171 BAO}) . Innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist kann der Haftungspflichtige auch gegen den Abgabenanspruch (Abgabenbescheid) mittels Berufung die Rechte geltend machen, die dem Abgabepflichtigen zustehen (§ 193 WAO) . Durch den angefochtenen Abgabenbescheid wird daher die Rechtsstellung der Gesellschafter nicht unmittelbar beeinflußt.
Die Kompetenzbestimmungen des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 10, Art. 10 Abs. 1 Z 15 B-VG} und auch des Art. 1 der Opferfürsorgegesetznovelle, BGBl. 77/1957 regeln nicht die Zuständigkeit zur Erlassung von Abgabengesetzen. Nach {Bundes-Verfassungsgesetz Art 13, Art. 13 B-VG} werden nämlich die Zuständigkeiten des Bundes und der Länder auf dem Gebiete des Abgabenwesens durch ein eigenes Bundesverfassungsgesetz, das F-VG, geregelt.
In den auf Grundlage des F-VG ergangenen Finanzausgleichsgesetzes ist eine Abgabe, wie sie die Opferfürsorgeabgabe darstellt, nicht dem Bunde vorbehalten. Zuletzt hat das FAG 1967, BGBl. 2/1967, im § 14 Abs. 1 Z 10" Lustbarkeitsabgaben mit Zweckwidmung des Ertrages (z. B. Abgaben für die Errichtung und den Betrieb von Rundfunkempfangsanlagen und Fernsehrundfunkempfangsanlagen; Kriegsopferabgaben; Sportförderungsabgaben) "zu ausschließlichen Landesabgaben (Gemeindeabgaben) erklärt. Eine solche Abgabe ist die Abgabe nach dem Wiener Opferfürsorgeabgabegesetz; ihr Gegenstand ist der Besuch gegen Entgelt zugänglicher Filmvorführungen (§ 1) , und ihr Ertrag ist ausschließlich zu Fürsorgemaßnahmen für Kriegsbeschädigte sowie deren Hinterbliebene, für Opfer politischer Verfolgung und des Kampfes um ein freies demokratisches Österreich sowie deren Hinterbliebene, ferner für Zivilinvalide zu verwenden, sofern die zu befürsorgenden Personen in Wien wohnhaft sind (§ 6 Abs. 1) .
Die Beschwerde meint, der VfGH habe mit der Begründung seines Erk. Slg. 3742/1960 auf die damals relativ gute wirtschaftliche Situation der Lichtspielbranche anspielen wollen, diese These gelte jedoch heute nicht mehr. Darauf ist zu entgegnen, daß die verschiedenen wirtschaftlichen Gegebenheiten, die der VfGH als sachliche Rechtfertigung für die differenzierte Behandlung einzelner Gruppen der der Theaterpolizei und Spektakelpolizei zuzuordnenden Veranstaltungen anführte, durchaus nicht mit der wirtschaftlichen Ertragslage (die die Beschwerde offenbar im Auge hat) gleichzusetzen sind. Auch wenn sich diese verschlechtert hat, wird dadurch das OpferfürsorgeabgabeG nicht unsachlich. Im übrigen ist es eine Angelegenheit der Rechtspolitik, ob der Gesetzgeber nur den Besuch gegen Entgelt zugänglicher Filmvorführungen oder auch den Besuch anderer Veranstaltungen einer Lustbarkeitsabgabe (Vergnügungssteuer) unterwirft. Derartige rechtspolitische Überlegungen können - außer im Falle eines Exzesses, der hier aber nicht vorliegt - nicht am Gleichheitssatz gemessen werden und unterliegen nicht der Kontrolle durch den VfGH (vgl. Slg. 5692/1968, 5862/1968, 6030/1969, 6152/1970, 6255/1970, 6485/1971) .