JudikaturVfGH

G5/71 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
07. Oktober 1971

Die im § 15 Abs. 1 lit. b Landesbauordnung (LGBl. 49/1962, über die Neukundmachung der LandesBauO) enthaltenen Worte:" zur Herstellung von Einfriedungen, insofern sie an öffentliche Verkehrsflächen zu liegen kommen ", sowie § 28 dieser LandesBauO werden als verfassungswidrig aufgehoben. Diese Gesetzesstellen regeln eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde i. S. des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 118, Art. 118 Abs. 3 Z 9 B-VG}, ohne daß sie i. S. des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 118, Art. 118 Abs. 2 zweiter Satz B-VG} als solche des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde bezeichnet sind. Sie erweisen sich daher insoweit als verfassungwidrig.

Dem Antrag des VwGH, § 84 Abs. 1 LandesBauO als verfassungswidrig aufzuheben, wird keine Folge gegeben. § 84 Abs. 1 LandesBauO bestimmt lediglich, daß die Vorschriften dieser Bauordnung, insofern darin keine anderweitigen Bestimmungen enthalten sind, vom Bürgermeister als Baubehörde in erster Instanz gehandhabt werden. Es wird damit lediglich eine - inhaltlich betrachtet - verfassungsrechtlich unbedenkliche Zuständigkeitsregelung getroffen, aber keine in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fallende" Angelegenheit " i. S. des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 118, Art. 118 Abs. 2 zweiter Satz B-VG} geregelt. Damit entfällt auch eine Bezeichnungspflicht i. S. dieser Verfassungsstelle.

Der VfGH hat in seinem Erk. Slg. 6196/1970 ausgesprochen, daß er wie schon bisher davon ausgeht, daß einer Zuständigkeitsvorschrift und Instanzenzugsvorschrift, die früher als mit 31. Dezember 1965 in Kraft gesetzt worden ist und der durch die B-VGNov. 1962 getroffenen Regelung widerspricht, durch das Inkrafttreten der neuen Gemeinderechtsvorschriften mit diesem Zeitpunkt derogiert worden ist (vgl. Slg. 5409/1966, 5624/1967) und daß die Regelung damit im Umfang der Derogation einen neuen Inhalt erhalten hat. Ein solcher durch Derogation mit 31. Dezember 1965 geschaffener neuer Inhalt des Gesetzes werde aber durch das bloße Unterbleiben der Bezeichnung als Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches bis spätestens 31. Dezember 1969 nicht verändert. Das Gesetz sei auch nach diesem Zeitpunkt im Umfang der Derogation von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu vollziehen, sei aber insoweit mangels der verfassungsgesetzlich geforderten Bezeichnung verfassungswidrig. Der VfGH hält an dieser Meinung fest. Das bedeutet, daß die Bestimmung des § 86 Abs. 1 Landesbauordnung soweit sie sich auf Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde bezieht, nicht mehr in Kraft steht. Daß sie sich auch auf Angelegenheiten bezieht, die nicht der örtlichen Baupolizei i. S. des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 118, Art. 118 Abs. 3 Z 9 B-VG} zuzuordnen sind, kann der LBO nicht entnommen werden. Diese Bestimmung steht daher zur Gänze nicht mehr in Kraft. Sie kann daher auch vom VfGH nicht aufgehoben werden. Da keine Norm vorliegt, taucht die Frage der Präjudizialität nicht auf. Der Antrag des VwGH auf Aufhebung des § 86 Abs. 1 LBO war somit zurückzuweisen.

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