B458/70 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
§ 19 Abs. 3 Raumordnungsgesetz 1968, LGBl. 78, ermöglicht es nicht, mehr als eine Ausnahme vom Gebot des § 19 Abs. 1 leg. cit. zu bewilligen. Die Ausnahme von der Vorschrift des ersten Satzes im genannten Abs. 1 liegt ausschließlich darin, daß erlaubt wird, eine nicht als Bauland ausgewiesene Fläche hinsichtlich der Maßnahmen gemäß lit. a und b dieses Satzes als Bauland anzusehen. Die Ausnahmebewilligung darf aber nach § 19 Abs. 3 leg. cit. weder zur Gänze noch zum Teil die Bauplatzerklärung (§ 19 Abs. 1 erster Satz lit. a) oder die Bewilligung i. S. des § 19 Abs. 1 erster Satz lit. b vorwegnehmen. Mit anderen Worten: Eine gemäß dem genannten Abs. 3 bewilligte Ausnahme schließt nicht aus, daß die davon erfaßte Fläche später deswegen nicht zum Bauplatz erklärt oder eine Bewilligung, i. S. der zit. lit. b später deswegen nicht erteilt wird, weil es baurechtliche oder andere Vorschriften verbieten. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 3 leg. cit., in dem nur von der Ausnahme des § 19 Abs. 1, nicht etwa davon die Rede ist, daß der Gemeinderat bereits Bescheide erläßt, die Bauplatzerklärungen oder Bewilligungen i. S. der lit. b des § 19 Abs. 1 erster Satz leg. cit. zum Gegenstand haben. Auch der Zweck der Regelung führt zu diesem Ergebnis; es soll ausschließlich eine Abweichung von bestimmten Normen des Flächenwidmungsplanes ermöglicht werden. Das Wort" gesetzwidrig "im letzten Satz des § 19 Abs. 3 ROG 1968 bezieht sich also nicht auf die in lit. a und b des § 19 Abs. 1 erster Satz leg. cit. umschriebenen Akte.
Der VfGH hat keine Bedenken, daß die Bewilligung der im § 19 Abs. 3 ROG 1968 geregelten Ausnahme als Maßnahme angesehen wird, durch die auch überörtliche Interessen in besonderem Maße berührt werden, so daß die Bindung der Ausnahmebewilligung an die Genehmigung der Landesregierung durch Art. 119 a Abs. 8 erster Satz B-VG gedeckt erscheint. Jeder Flächenwidmungsplan einer Gemeinde muß sich nämlich zur Gänze in überörtliche Interessen einfügen; der Flächenwidmungsplan als Ganzheit berührt daher überörtliche Interessen in besonderem Maße. Ebenso berührt also auch jedes Abweichen von bestimmten Normen des Planes überörtliche Interessen in besonderem Maße.
Das Gemeindeselbstverwaltungsrecht (Art. 116 Abs. 1, {Bundes-Verfassungsgesetz Art 118, Art. 118 Abs. 4 B-VG}) wird durch einen Bescheid verletzt, der es gesetzloserweise bzw. gesetzwidrigerweise oder auf Grund eines verfassungswidrigen Gesetzes bzw. einer gesetzwidrigen Verordnung einschränkt. Da das Recht nicht bloß unter dem Gesetzesvorbehalt gewährleistet ist, genügt die gesetzwidrige Beschränkung, es ist nicht erforderlich, daß das Gesetz denkunmöglich angewendet wird.