A1/71 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Klage auf Liquidierung fälliger Dienstbezüge und Waisenversorgungsgenüsse (einbehaltener besonderer Pensionsbeiträge nach {Pensionsgesetz 1965 § 56, § 56 Pensionsgesetz 1965}) .
Nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH gilt ein Bescheid erst mit seiner Zustellung bzw. seiner Verkündung als erlassen (Slg. 3087/1956, 4742/1964 u. a.) . Der an K G als die Verpflichtete gerichtete Bescheid ist niemals zugestellt worden. Ein an K G gerichteter Bemessungsbescheid kann bei der gegebenen Sachlage auch in Zukunft nicht mehr erlassen werden. Die klagenden Parteien waren auch nicht berechtigt, in ihrer Eigenschaft als Erben nach K G bzw. als Hinterbliebene in das nicht abgeschlossene Verwaltungsverfahren einzutreten. Die Zustellung der Bescheidausfertigungen an die klagenden Parteien war rechtlich unwirksam (siehe die näheren Ausführungen zu dieser Frage in dem zur Z. B 83/71 ergangenen, die gleichen Parteien betreffenden Beschluß Slg. 6479/1971) . Daraus ergibt sich zunächst, daß die beklagte Partei fällige Dienstbezüge der K G ohne Titel einbehalten hat.
Die beklagte Partei beruft sich jedoch in ihrer Gegenschrift darauf, daß die Verpflichtung der K G zur Leistung eines besonderen Pensionsbeitrages bereits mit dem Bescheid der ersten Instanz ausgesprochen worden sei und gemäß § 12 Abs. 2 DVG Berufungen im Dienstrechtsverfahren keine aufschiebende Wirkung haben. Gemäß § 12 Abs. 2 Dienstrechtsverfahrengesetz haben Berufungen allerdings keine aufschiebende Wirkung, sofern nicht in den Gesetzen und Verordnungen die aufschiebende Wirkung ausdrücklich zuerkannt ist oder durch Bescheid die aufschiebende Wirkung ausgesprochen wird. Gemäß {Pensionsgesetz 1965 § 56, § 56 Abs. 4 Pensionsgesetz 1965} ist aber der besondere Pensionsbeitrag durch Abzug vom Monatsbezug usw. hereinzubringen, aber erst nach dem Eintritt der Rechtskraft des Bemessungsbescheides. Der erstinstanzliche Bemessungsbescheid ist auf Grund der rechtzeitig eingebrachten Berufung niemals rechtskräftig geworden. Der ratenweise Abzug des besonderen Pensionsbeitrages war demnach mangels Vorliegens eines rechtskräftigen Bescheides ohne Titel erfolgt.
Die rechtswidrig von der Erblasserin einbehaltenen Dienstbezüge sind Bestandteile des Nachlaßvermögens. Die beklagte Partei ist daher schuldig, den klagenden Parteien die einbehaltenen Teile der Dienstbezüge zu bezahlen.
Mit Bescheid des zuständigen Landesschulrates wurde einer Klägerin ein Waisenversorgungsgenuß zuerkannt. Von diesen Bezügen wurde jedoch monatlich als besonderer Pensionsbeitrag weiterhin eine Rate von monatlich 437,90 S einbehalten. Der zitierte Bescheid betreffend Zuerkennung des Waisenversorgungsgenusses enthält keinerlei Verfügung betreffend Einbehaltung dieses besonderen Pensionsbeitrages. Die Klägerin war auch in ihrer Eigenschaft als Hinterbliebene nicht berechtigt, in das wegen des Todes ihrer Mutter nicht abgeschlossene Verwaltungsverfahren einzutreten. Die Zustellung des Bemessungsbescheides an sie war rechtlich unwirksam. Wenn aber ein rechtskräftiger Bemessungsbescheid überhaupt nicht vorhanden ist, bedeutet die Bestimmung des § 56 Abs. 1 PG 1965, wonach im Falle des Todes des Beamten die Verpflichtung auf seine Hinterbliebenen übergeht, daß das Bemessungsverfahren selbst mit den zur Bezahlung verpflichteten Hinterbliebenen durchzuführen ist. Daraus ergibt sich, daß die Einbehaltung einer monatlichen Rate von dem Waisenversorgungsgenuß ohne Titel erfolgt ist. Der Liquidationsklage war daher auch in diesem Punkte stattzugeben.