JudikaturVfGH

B103/70 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
26. Februar 1971

Die Auferlegung einer Geldzahlung, wie sie in der Vorschreibung einer Geldstrafe und eines Verfahrenskostenbeitrages liegt, stellt einen Eingriff in das Eigentumsrecht dar (vgl. Slg. 1559/1947, 2706/1960, 4667/1963, 6074/1969, 6128/1970) . Ein solcher Eingriff ist dann verfassungswidrig, wenn er sich überhaupt nicht auf ein Gesetz stützt, wenn er auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht oder wenn ein Gesetz denkunmöglich angewendet worden ist (vgl. Slg. 3080/1956, 5515/1967, 5577/1967) .

Denkmögliche Anwendung des Abschnittes A Post 8 des Tarifs zum Wiener Gebrauchsabgabegesetz 1966.

Keine Bedenken gegen § 16 Abs. 1 GebrauchsabgabeG 1966: In dieser Gesetzesstelle ist für die Bemessung der Geldstrafe ein zwar nicht betragsmäßig, aber mit einem Vielfachen des verkürzten oder der Verkürzung ausgesetzten Abgabenbetrages bestimmter Strafsatz normiert. Im Rahmen dieses Strafsatzes hat die Behörde die Strafe nach den Bestimmungen der §§ 19 bis 21 VStG 1950 (Fassung BGBl. 275/1964) zu bemessen. Es sind dabei außer den mildernden und erschwerenden Umständen im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46 VStG 1950, d. h. also, soweit es sich nicht um Strafverfügungen gemäß §§ 47 bis 49 oder um eine Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG 1950 handelt) auch die Vermögensverhältnisse und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen. Unter den Voraussetzungen der §§ 20 und 21 VStG 1950 kann eine Strafe auch außerhalb des gesetzlichen Strafsatzes verhängt werden. Mit diesen Bestimmungen ist der Behörde ein Ermessen eingeräumt (vgl. Slg. 6293/1970) .

Für die Handhabung des Ermessens sind im Gesetz Richtlinien enthalten. Zur Frage der mildernden und erschwerenden Umstände enthält zwar das VStG nur die Bestimmungen der §§ 3 Abs. 2 und 55 Abs. 2, jedoch kommen hier sinngemäß die im gerichtlichen Strafrecht geltenden Bestimmungen der §§ 263 und 264 StG zur Anwendung (vgl. VwGH vom 2. Juni 1964, Z 2384/63) . Es ist ferner ein aus dem Wesen einer solchen Strafbemessung abzuleitender Rechtsgrundsatz, daß sich die Behörde auch von Gedanken der Spezialprävention und der Generalprävention leiten läßt (vgl. VwGH vom 12. Mai 1964, Z 2004/63, 15. Oktober 1964, Z 1598/1963 und 27. Jänner 1966, Z 599/1965) , so daß auch in dieser Hinsicht eine Richtlinie für die Handhabung des Ermessens gegeben ist. Es hat deshalb auch der VfGH in seiner bisherigen Rechtsprechung gegen Strafbestimmungen, die bezüglich des Strafsatzes lediglich einen Strafrahmen enthalten, keine Bedenken (vgl. z. B. Slg. 6107/1969, 6291/1970) .

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