JudikaturVfGH

B71/70 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
14. Dezember 1970

Der Bf. ist einer Ordnungswidrigkeit für schuldig erkannt und über ihn als Ordnungsstrafe eine Geldbuße verhängt worden. In einem solchen Fall ist gemäß § 58 Abs. 5 des Heeresdisziplinargesetzes (HDG), BGBl. 151/1956, eine Berufung zugunsten des Beschuldigten unzulässig. Die bel. Beh. hat somit in einziger Instanz entschieden, so daß die Prozeßvoraussetzung der Erschöpfung des Instanzenzuges gemäß {Bundes-Verfassungsgesetz Art 144, Art. 144 B-VG} für die Anrufung des VfGH gegeben ist.

Die Unterstellung der Befehle von Vorgesetzten an untergebene Soldaten unter den Weisungsbegriff des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 20, Art. 20 Abs. 1 B-VG} bestehe zu Recht, denn nach dem System des B-VG, das die Stellung des Bundesheeres im Abschnitt A "Verwaltung" des Dritten Hauptstückes "Vollziehung des Bundes" regelt, gehört die Tätigkeit des Bundes zur Verwaltung (vgl. Slg. 3928/1961, in dem der VfGH das Bundesheer als eine Einrichtung der Hoheitsverwaltung bezeichnet hat) .

Gemäß § 34 Abs. 3 Wehrgesetz kann der Untergebene die Befolgung eines Befehles in den dort genannten zwei Fällen (die dem {Bundes-Verfassungsgesetz Art 20, Art. 20 Abs. 1 letzter Satz B-VG} wörtlich entsprechen) ablehnen. Sind solche Ablehnungsgründe nicht gegeben, so stellt die Verweigerung eines Befehles eine Verletzung der in § 22 Dienstpragmatik und § 34 WehrG normierten Dienstpflichten dar. Die bel. Beh. hat eine solche Verletzung als erwiesen angenommen und eine Ordnungsstrafe verhängt.

Darin könnte nur dann eine einer Gesetzlosigkeit gleichkommende Rechtsverletzung liegen, wenn die Behörde dem Gesetz einen ihm denkmöglich nicht zukommenden Inhalt unterstellt hätte. Der vom Bf. nicht befolgte Befehl lautete dahin, eine Bestätigung über den Empfang von 24 Eßbesteckgarnituren, die aus dem Bestand des Kasernkommandos Zwölfaxing an das Panzerbataillon 33 anläßlich dessen Verlegung auf den Truppenübungsplatz Allentsteig übergeben worden sind, zu unterschreiben. Es ist keinesfalls begrifflich ausgeschlossen, diesen Befehl auch dann, wenn der Bf. die Eßbestecke nicht selbst übernommen hat, als Dienstauftrag zu werten. Es kommt auch nicht einer Gesetzlosigkeit gleich, wenn die bel. Beh. davon ausgegangen ist, daß gemäß § 34 Abs. 3 WehrG die Verweigerung eines Befehles rechtfertigende Gründe nicht gegeben gewesen sind, denn der Befehlsgeber war als Bataillonskommandant Vorgesetzter des Bf. und die Befolgung des Befehles hätte nicht unter allen Umständen gegen strafgesetzliche Vorschriften verstoßen.

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