JudikaturVfGH

B382/69 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
25. Juni 1970

Auf das behördliche Verfahren der Grundverkehrsbehörden finden gemäß Art. II Abs. 2 Punkt 16 EGVG 1950. (Fassung BGBl. 92/1959, 275/1964 und 143/1969) die Bestimmungen des AVG 1950 Anwendung. Die Frage der Parteistellung in einem grundverkehrsbehördlichen Verfahren ist somit an Hand des § 8 AVG 1950 zu beantworten. Gegenstand des grundverkehrsbehördlichen Verfahrens ("Sache" i. S. des § 8 AVG) im Falle einer rechtsgeschäftlichen Eigentumsübertragung ist die Genehmigung des Rechtsgeschäftes unter dem Gesichtspunkte der öffentlichen Interessen an der Schaffung und Erhaltung landwirtschaftlicher und forstwirtschaftlicher Nutzflächen und an der Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen Bauernstandes oder an der Erhaltung und Schaffung eines wirtschaftlich gesunden mittleren und kleinen landwirtschaftlichen Grundbesitzes.

Das Oberösterreichische Grundverkehrsgesetz enthält keine ausdrückliche Bestimmung darüber, wer in einem Verfahren als Partei zu gelten hat. Aus seinem Inhalt ergibt sich aber, daß im Falle einer rechtsgeschäftlichen Eigentumsübertragung Parteien sind: die vom Gesetz als Vertragschließende bezeichneten Personen (insbesondere §§ 7, 9) und gegebenenfalls die gemäß § 8 von der Landesregierung namhaft gemachten Käufer (insbesondere §§ 10 bis 13) .

Der Miteigentümer eines der landwirtschaftlichen oder forstwirtschaftlichen Nutzung gewidmeten Grundstückes (§ 361, §§ 825 ff. ABGB) wird durch die rechtsgeschäftliche Veräußerung des ideellen Anteiles eines anderen Miteigentümers und die Genehmigung einer solchen Übertragung des Eigentums gemäß § 1 OÖ GVG in einem Rechtsanspruch oder rechtlichen Interesse i. S. des § 8 AVG 1950 nicht berührt. Ob die Übertragung eines Miteigentumsanteiles mit den nach dem OÖ GVG zu wahrenden öffentlichen Interessen im Einklang steht, ist eine Frage, die außerhalb des subjektiven Rechtsbereiches der anderen Miteigentümer liegt. Durch eine solche Übertragung tritt in der bestehenden Gemeinschaft des Eigentums nur ein Wechsel der Personen ein; die Rechtsstellung der Miteigentümer zueinander wird durch die bloße Übertragung des Eigentums und deren grundverkehrsbehördliche Genehmigung nicht verändert.

Durch einen verfahrensrechtlichen Bescheid - wie es die Zurückweisung einer Berufung als unzulässig ist - wird in das Eigentum nicht eingegriffen.

Durch die Zurückweisung einer verfahrensrechtlich zulässigen Berufung (darin liegt die Verweigerung einer Sachentscheidung, auf die der Berufungswerber nach dem Gesetz Anspruch hat) wird das Recht auf das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt (vgl. z. B. Slg. 3817/1960, 4021/1961, 5230/1966, 5448/1967) .

Ein solcher Fall ist insbesondere dann gegeben, wenn die Unzulässigkeit der Berufung zu Unrecht mit dem Mangel der Parteistellung des Berufungswerbers begründet ist (vgl. z. B. Slg. 2903/1955, 3212/1957, 3697/1960, 5162/1965) .

Durch einen verfahrensrechtlichen Bescheid wird in das Eigentum nicht eingegriffen.

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