JudikaturVfGH

G30/69 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
10. März 1970

Die Baupolizei hat nicht nur einen örtlichen, sondern auch einen überörtlichen Bereich. Dies ergibt sich aus {Bundes-Verfassungsgesetz Art 118, Art. 118 Abs. 3 B-VG}; dort ist unter Z 9 die "örtliche Baupolizei" ausdrücklich genannt.

Gäbe es nur eine "örtliche Baupolizei" , so hätte der Verfassungsgesetzgeber hier das Wort "örtliche" nicht gebraucht; er hat ja umgekehrt dieses Wort in Z. 5 in Verbindung mit "Flurschutzpolizei" und in Z 8 in Verbindung mit "Sittlichkeitspolizei" deswegen nicht verwendet, weil es Angelegenheiten überörtlicher Natur dort nicht gibt.

Die §§ 71 und 72 Steiermärkische Bauordnung 1968 beziehen sich nicht auf außerhalb des eigenen Wirkungsbereiches liegende spezielle Fälle dieser Angelegenheiten, sie beziehen sich insbesondere nicht auf spezielle Fälle der überörtlichen Baupolizei. § 72 erfaßt nur die zum eigenen Wirkungsbereich gehörenden Fälle der im "Gesetz geregelten Angelegenheiten der Gemeinde" . Dies gilt auch für § 71. Das Gesetz enthält keine Zuständigkeitsvorschriften, die außerhalb des eigenen Wirkungsbereiches liegende Fälle dieser Angelegenheiten betreffen. Zu diesem Ergebnis führt die verfassungskonforme Auslegung der §§ 71 und 72. Der Gesetzeswortlaut erlaubt eine solche Auslegung. Sie muß daher im Hinblick auf die Rechtsregel, daß Gesetze möglichst verfassungskonform zu interpretieren sind, Platz greifen.

Die örtliche Baupolizei wird danach, soweit sie bundeseigene Gebäude zum Gegenstand hat, die öffentlichen Zwecken dienen (Art. 15. Abs. 5 B-VG) , von der Vorschrift der beiden Paragraphen nicht erfaßt.

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