JudikaturVfGH

B145/69 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
27. Februar 1970

Die Bfin. behauptet, daß sie im Berufungsverfahren einer Tat schuldig erkannt worden ist, die ihr im Verfahren vor der ersten Instanz nicht zur Last gelegt worden ist. Träfe diese Behauptung zu, dann litte der angefochtene Bescheid nicht nur an einer Rechtswidrigkeit in bezug auf einfachgesetzliche Vorschriften (vgl. VwGH Erk. vom 24. Feber 1966, Z 675/65) , sondern die Bfin. wäre auch in dem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden. Nach der Rechtsprechung des VfGH wird dieses Recht nämlich unter anderem auch dann verletzt, wenn die Berufungsbehörde einen anderen Sachverhalt zum Gegenstand ihrer Berufungsentscheidung macht als die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz (vgl. Slg. 3505/1959, 5131/1965, 5498/1967) .

Es ist davon auszugehen, daß die Bfin. von der ersten Instanz nicht wegen Parkens in "Neustift am Walde vor Nr. 69" , sondern wegen Parkens in "Neustift am Walde vor Nr. 69 im Haltestellenbereich eines öffentlichen Massenbeförderungsmittels während der Betriebszeit" bestraft worden ist. Diese Angabe im Straferkenntnis erster Instanz mag zwar nicht präzise sein, sie steht aber zu der Angabe im Berufungsbescheid, daß der PKW im Haltestellenbereich "zwischen Nr. 71 und Nr. 69" geparkt worden ist, nicht in einem Gegensatz, der zu dem Schluß berechtigen würde, daß der Bfin. von beiden Instanzen eine andere Tat zur Last gelegt worden ist. Beide Angaben sind nur dazu bestimmt, die Stelle innerhalb des Haltestellenbereiches (über dessen Identität bei der gegebenen örtlichen Situation kein Zweifel aufkommen kann) näher zu bestimmen.

Keine denkunmögliche Anwendung des § 24 Abs. 1 lit. e StVO 1960.

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