B71/69 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Eine denkunmögliche Anwendung des Gesetzes bei Erlassung eines Bescheides liegt dann vor, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begeht, daß dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen ist, wobei auch eine denkunmögliche Annahme des maßgeblichen Sachverhaltes oder eine denkunmögliche Würdigung des Sachverhaltes einer derartigen Gesetzlosigkeit gleichzustellen ist.
Gemäß dem § 64 Abs. 1 lit. a WRG 1959 kann die Wasserrechtsbehörde "zu den im Eingange des § 63 bezeichneten Zwecken" , also "um die nutzbringende Verwendung der Gewässer zu fördern oder ihren schädlichen Wirkungen zu begegnen" , "in dem Maße als erforderlich die Benutzung eines Privatgewässers, insoweit es für den Nutzungsberechtigten (§ 5 Abs. 2) entbehrlich ist, einem anderen einräumen oder eine Verlegung oder Beseitigung gestatten" . Es ist keinesfalls denkunmöglich, diese Bestimmung dahin auszulegen, daß bestehende Nutzungsrechte beschränkt werden können, um die nutzbringende Verwendung der Gewässer zu fördern. Es ist nicht denkunmöglich, auf Grund dieser Bestimmung einem Dritten die Ableitung unverschmutzter Kühlwässer, die vorher dem Grundwasser entnommen worden sind, in einen Vorfluter, der mit dem Grundwasser der Umgebung kommuniziert, zu bewilligen und in einem solchen, durch Bedingungen (Auflagen) gesicherten Grundwasserkreisverkehr eine nutzbringende Verwendung des als Vorfluter dienenden Gewässers zu erblicken.
Es ist die Meinung nicht denkunmöglich, der vom Gesetzgeber im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren im § 12 Abs. 2 WRG 1959 unter Hinweis auf § 5 Abs. 2 WRG 1959 eingeräumte Schutz der Wassernutzungsberechtigten erstrecke sich ausschließlich auf die Eigentümer eines Privatgewässers.