JudikaturVfGH

KII-4/68 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
27. Juni 1969

Die Abwehr von Gefahren, die durch das Auftreten von elektrischen Potentialunterschieden entstehen können, ist auch dann eine Angelegenheit der "Normalisierung und Typisierung elektrischer Anlagen und Einrichtungen, Sicherheitsmaßnahmen auf diesem Gebiet" ({Bundes-Verfassungsgesetz Art 10, Art. 10 Abs. 1 Z 10 B-VG}) , wenn die Potentialunterschiede nicht unmittelbar oder mittelbar von einer Anlage zur Herstellung oder Leitung von elektrischem Strom ausgehen.

Abwehr allgemeiner Gefahren (als solche sind Gefahren anzusehen, die keiner bestimmten Verwaltungsmaterie außer der Sicherheitspolizei zugeordnet werden können, die also nicht nur innerhalb einer bestimmten Verwaltungsmaterie auftreten) : Abwehr besonderer Gefahren (als solche sind Gefahren anzusehen, die einer konkreten Verwaltungsmaterie zuzuordnen sind, weil sie entweder primär nur innerhalb dieser Verwaltungsmaterie existent werden oder zwar nicht nur auf diese Verwaltungsmaterie beschränkt sind, jedoch durch den Gegenstand der Regelung eine Spezifikation erfahren, die sie zu einer für die Materie allein typischen Art macht) .

Unter dem Begriff der "Normalisierung elektrischer Anlagen und Einrichtungen" (Art. 10 Abs. 1 Z 10 B-VG) ist die "Normung" solcher Anlagen und Einrichtungen zu verstehen. Die Worte "Sicherheitsmaßnahmen auf diesem Gebiete" in {Bundes-Verfassungsgesetz Art 10, Art. 10 Abs. 1 Z 10 B-VG} betreffen "Sicherheitsmaßnahmen auf dem Gebiete der elektrischen Anlagen und Einrichtungen" .

Aus dem Umstand, daß im Zeitpunkt des Inkrafttretens der in Betracht kommenden Kompetenzbestimmungen am 1. Oktober 1925 im Elektrizitätswegegesetz, BGBl. Nr. 348/1922, i. d. F. des Telegraphengesetzes, BGBl. Nr. 263/1924, eine gesetzliche Regelung bezüglich elektrischer Anlagen bestand und als solche die Anlagen zur Erzeugung oder Leitung von elektrischer Energie für die gewerbsmäßige Abgabe an andere oder für den eigenen Bedarf sowie Telegraphenanlagen verstanden wurden, kann nicht abgeleitet werden, daß der Verfassungsgesetzgeber als "Elektrizität" nur die zum menschlichen Gebrauch erzeugte und fortgeleitete Elektrizität und als "elektrische Anlagen und Einrichtungen" nur die dazu in Beziehung stehenden Anlagen verstanden wissen wollte.

Der Verfassungsgesetzgeber hat im Zeitpunkt des Inkrafttretens der als Elektrizitätswesen betreffenden Kompetenzbestimmungen am 1. Oktober 1925 unter dem Rechtsbegriff "Elektrizität" nichts anderes verstanden als die Elektrizität als physikalisches Phänomen.

Durch {Bundes-Verfassungsgesetz Art 10, Art. 10 Abs. 1 Z 10 B-VG} sind von allen Sicherheitsmaßnahmen jene auf dem Sachgebiete der elektrischen Anlagen und Einrichtungen dem Bunde vorbehalten. Darunter sind aber nicht nur Maßnahmen in bezug auf (andere) elektrische Anlagen und Einrichtungen zu verstehen, sondern auch Maßnahmen, die selbst in Gestalt elektrischer Anlagen und Einrichtungen getroffen werden.

Zur Regelung des Verfahrens ist der jeweils zur Regelung eines Sachgebietes zuständige Gesetzgeber berufen.

Die Regelung von Vorkehrungen betreffend bestimmte technische Anlagen anläßlich der Errichtung von Gebäuden zählt zur Baupolizei.

Die Erlassung einer derartigen Bestimmung fällt gemäß {Bundes-Verfassungsgesetz Art 15, Art. 15 Abs. 1 B-VG} in die Zuständigkeit der Länder.

Haftungsbestimmungen für Schadenersatz sind dem Kompetenzbereich des "Zivilrechtswesens" ({Bundes-Verfassungsgesetz Art 10, Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG}) zuzuordnen und fallen deshalb in die Kompetenz des Bundes.

Die Zuständigkeit zur Erlassung von Verwaltungsstrafbestimmungen richtet sich nach der Zuständigkeit zur Regelung der Angelegenheit - des Verwaltungszweiges -, auf den sie sich beziehen.

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