JudikaturVfGH

G26/68 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
26. Juni 1969

Das Wort "Eltern" im {Allgemeines Sozialversicherungsgesetz § 5, § 5 Abs. 1 Z 1 ASVG}, i. d. F. des Art. II der 20. Novelle zum ASVG, BGBl. Nr. 201/1967, wird als verfassungswidrig aufgehoben.

Das Gesetz differenziert zwischen Dienstnehmern, die zum Dienstgeber in einem Angehörigenverhältnis der im {Allgemeines Sozialversicherungsgesetz § 5, § 5 Abs. 1 Z 1 ASVG} genannten Art stehen (darunter sind die Eltern des Dienstgebers) , und Dienstnehmern, die in keinem solchen Angehörigenverhältnis stehen.

Jene können nur teilversichert sein ({Allgemeines Sozialversicherungsgesetz § 7, § 7 ASVG}) , diese sind vollversichert, wenn nicht ein anderer Grund für eine Ausnahme von der Vollversicherung gegeben ist ({Allgemeines Sozialversicherungsgesetz § 4, § 4 ASVG}) . Eine solche Differenzierung ist sachlich nicht begründbar. Das Gleichheitsgebot verbietet es aber dem Gesetzgeber, andere als sachlich begründbare Differenzierungen zu schaffen.

Ein derartiges Angehörigenverhältnis reicht für sich allein nicht aus, eine sozialversicherungsrechtliche Schlechterstellung, wie sie in der Bestimmung des {Allgemeines Sozialversicherungsgesetz § 5, § 5 Abs. 1 Z 1 ASVG} liegt, zu rechtfertigen.

Diese Überlegungen gelten sinnvoll auch bezüglich der Eltern des Dienstgebers. Der Umstand, daß eine rechtliche oder sittliche Pflicht der Kinder zur Bereitstellung der Leistungen besteht, die sonst durch die Sozialversicherung geboten werden, ist nicht geeignet, die im Gesetz enthaltene Differenzierung zu rechtfertigen. Es trifft nämlich nicht zu, daß jene Leistungen, die im Versicherungsfall aus der Sozialversicherung anfallen, dem Dienstnehmer, der ein Elternteil des Dienstgebers ist, auf Grund der familienrechtlichen Beziehungen zwischen Kind und Eltern gewährleistet sind. Es ist insbesondere nicht der Regelfall, daß ein Kind als Dienstgeber wirtschaftlich in der Lage ist, einem bei ihm beschäftigten Elternteil im Krankheitsfalle jene Leistungen zukommen zu lassen, die der Träger der Krankenversicherung gewährt. Es reicht daher das familienrechtliche Verhältnis zwischen Kind und Eltern für sich allein nicht aus, die in {Allgemeines Sozialversicherungsgesetz § 5, § 5 Abs. 1 Z 1 ASVG} vorgenommene Differenzierung innerhalb der Dienstnehmer zu rechtfertigen.

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