B24/67 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
§ 1 Abs. 5 dritter Satz und § 5 Abs. 4 des Zweiten Hauptstückes des Gesetzes vom 15. Oktober 1946, womit die Bauordnung für Oberösterreich, Landesgesetz vom 10. März 1875, GuVBl. Nr. 15, ergänzt wird (Bauordnungsnovelle 1946) , LGBl. für OÖ Nr. 5/1947, i. d. F. des Gesetzes vom 18. Juli 1966, womit die Bauordnungsnovelle 1946 abgeändert wird (OÖ Bauordnungsnovelle 1966) , LGBl. für OÖ Nr. 24/1966, werden als verfassungswidrig aufgehoben.
Unter Baupolizei fällt auch eine Verwaltungstätigkeit, die dazu dient, durch ein zwangsweises Eingreifen der Behörden den Gefahren vorzubeugen, die sich für die geordnete Entwicklung des Gemeinwesens dadurch ergeben können, daß die aus der privatrechtlichen Eigentumsordnung abzuleitende Baufreiheit zum Schaden des Gemeinwesens mißbraucht werden könnte.
Die durch das Gesetz als genehmigungspflichtig erklärte Schaffung eines oder mehrerer Bauplätze oder eines oder mehrerer Teile von solchen stellt eine Angelegenheit der Baupolizei dar. Ein Bauplatz ist eine Grundfläche, deren Eignung nach den gesetzlichen Bestimmungen für eine Bebauung von der Baubehörde zuerkannt worden ist. Ein Bauplatz hat den Bestimmungen der rechtswirksamen Flächenwidmungspläne oder Bebauungspläne sowie den Grundsätzen der Sicherung einer zweckmäßigen und geordneten Bebauung zu entsprechen; er hat unmittelbar an eine öffentliche Verkehrsfläche zu grenzen oder über eine grundbücherlich sichergestellte, ausreichende sonstige Verbindung mit dem öffentlichen Wegenetz zu verfügen; er hat eine solche Gestalt und Größe aufzuweisen, daß den Anforderungen der Bauordnung entsprechende Gebäude darauf errichtet werden können, wobei diesbezüglich eingehende Vorschriften bestehen.
Die durch die Bauordnungsnovelle 1946 i. d. F. der OÖ Bauordnungsnovelle 1966 als genehmigungspflichtig erklärte Schaffung einer oder mehrerer Kleingartenflächen oder eines oder mehrerer Teile von solchen stellt eine Angelegenheit dar, für die in dem Umfang, als sie der örtlichen Baupolizei und der örtlichen Raumplanung zuzuordnen ist, durch {Bundes-Verfassungsgesetz Art 118, Art. 118 Abs. 3 B-VG} bestimmt ist, daß sie dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde angehört. Soweit die Regelung einen darüber hinausgehenden Inhalt hat, hängt sie wesensgemäß so eng mit dem der örtlichen Baupolizei und der örtlichen Raumplanung zuzuordnenden Inhalt zusammen, daß die Regelung auch in diesem Umfange, an der Generalklausel des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 118, Art. 118 Abs. 2 erster Satz B-VG} gemessen, gleichfalls dem eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zuzuordnen ist.
Eine allenfalls erforderliche Bedachtnahme auf überörtliche Belange nimmt einer Angelegenheit nicht die Merkmale, die für ihre Zuordnung zum eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde wesentlich sind; aus der Verfassung selbst ergibt sich, daß die Zuordnung einer Angelegenheit zum eigenen Wirkungsbereich nicht dadurch ausgeschlossen ist, daß die Angelegenheit überörtliche Interessen berührt. Schon nach den Legaldefinitionen in Art. 15 Abs. 2 und in {Bundes-Verfassungsgesetz Art 118, Art. 118 Abs. 2 B-VG} genügt für diese Zuordnung neben anderen Voraussetzungen, daß die Angelegenheit im "überwiegenden Interesse" der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen ist und aus Art. 119 a Abs. 8 B-VG ist zu erkennen, daß selbst die Berührung überörtlicher Interessen "in besonderem Maß" die Zuordnung einer Maßnahme zum eigenen Wirkungsbereich nicht verhindert. Deutlich macht dies auch ein Hinweis auf die in {Bundes-Verfassungsgesetz Art 118, Art. 118 Abs. 3 Z 9 B-VG} angeführte "örtliche Raumplanung" , zu deren Wesensmerkmalen es gehört, daß sie sich einer überörtlichen Raumplanung einordnet.
In Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches kommt der Bezirksverwaltungsbehörde - ausgenommen in Ausübung des Aufsichtsrechtes gemäß Art. 119 a B-VG - keine behördliche Zuständigkeit zu; solche Angelegenheiten sind vielmehr von Organen der Gemeinde zu besorgen.