A3/68 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Begehren der Stadtgemeinde Schwechat auf Zahlung eines Polizeikostenbeitrages.
Begehren der Stadtgemeinde Schwechat, festzustellen, daß die Forderung als Beitrag für den Polizeiaufwand des Bundes für das Jahr 1968 der Stadtgemeinde Schwechat gegenüber nicht zu Recht besteht.
Zulässigkeit der Klage einer Gemeinde gegen den Bund wegen Zahlung von Gewerbesteueranteilen.
Mit der Verordnung der Niederösterreichischen Landesregierung vom 11. Jänner 1966, LGBl. Nr. 109, wurde über Antrag der Stadtgemeinde Schwechat mit Zustimmung der Bundesregierung für das Gebiet der Stadt Schwechat u. a. die örtliche Sicherheitspolizei dem Bundespolizeikommissariat mit Wirkung vom 31. Dezember 1965 übertragen. Der VfGH hegt keine Bedenken, daß diese Verordnung nicht gesetzmäßig erlassen worden sei. Die Verordnung ist mit der am 30. Juni 1967 kundgemachten Verordnung der NÖ Landesregierung vom 6. Juni 1967, LGBl. Nr. 196, soweit sie die Besorgung von einzelnen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde im Gebiet der Stadtgemeinde Schwechat zum Gegenstand hat, mit 1. Juli 1967 außer Kraft gesetzt worden. Seit diesem Tage waren die Agenden der örtlichen Sicherheitspolizei nicht mehr vom Bundespolizeikommissariat Schwechat, sondern von der Stadtgemeinde Schwechat zu besorgen.
Vorschriften über den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde sind Vorschriften auf dem Gebiete der Organisation der Gemeindeverwaltung.
Die der B-VG-Novelle 1962 widersprechenden Landesgesetze über die Organisation der Gemeindeverwaltung sind nach § 5 Abs. 2 der B-VG-Novelle 1962 am 31. Dezember 1965 außer Kraft getreten. Somit ist auch das NÖ Landesgesetz, LGBl. Nr. 274/1960, soweit es die Besorgung der örtlichen Sicherheitspolizei für das Gebiet der Stadt Schwechat dem Bundespolizeikommissariat Schwechat übertragen hatte, mit 31. Dezember 1965 außer Kraft getreten.
Die Beiträge nach § 4 FAG 1967 sind ein Ersatz für einen Aufwand, den der Bund in einer Angelegenheit auf sich genommen hat, die von der Gemeinde zu besorgen wäre und deren Kosten nach der grundsätzlichen Regel des {Finanz-Verfassungsgesetz 1948 § 2, § 2 F-VG 1948}, BGBl. Nr. 45, von der Gemeinde zu tragen wären. Mit dem Charakter eines Aufwandersatzes ist die Auffassung nicht vereinbar, daß er auch dann zu leisten sei, wenn die Tätigkeit, deren Kosten abgegolten werden sollen, nicht mehr erbracht werden darf. Wird während der Geltung des FAG 1967 eine Bundespolizeibehörde aufgelassen und darum die örtliche Sicherheitspolizei von der Gemeinde besorgt, so muß wohl angenommen werden, daß damit auch die Kostenbeitragspflicht der Gemeinde entfällt. Es wäre unverständlich, wenn nicht das gleiche gelten sollte, wenn die Gemeinde bei Weiterbestehen der Bundespolizeibehörde die Besorgung der örtlichen Sicherheitspolizei wieder an sich zieht.
Die Fassung des § 4 FAG 1967 schließt andererseits nicht aus, daß die Beitragspflicht erst beginnt, wenn einer Bundespolizeibehörde nach dem Inkrafttreten des FAG 1967 die Besorgung der örtlichen Sicherheitspolizei übertragen wird.
Es besteht die Beitragspflicht der Gemeinde von dem Zeitpunkt der Übertragungen nur für die Dauer der Übertragung.
Daß bei einem Wegfall der Zuständigkeit einer Bundespolizeibehörde während eines Jahres die Beitragspflicht dennoch für das ganze Jahr bestehen bleibe, kann dem Gesetz nicht entnommen werden. Auch in diesem eingeschränkten Sinn enthält das Gesetz keine Regel über die Dauer der Beitragspflicht.
Was "Wachkörper" i. S. des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 102, Art. 102 Abs. 5 B-VG} sind (auch Art. 10 Abs. 1 Z. 14 B-VG spricht davon) , ist dem Art. II § 5 Abs. 1 Überleitungsgesetz 1929 zu entnehmen. Es sind dies bewaffnete oder uniformierte oder sonst nach militärischem Muster eingerichtete Formationen, denen Aufgaben polizeilichen Charakters übertragen sind.
Daß die Besorgung der Angelegenheiten der örtlichen Sicherheitspolizei einen Gemeindewachkörper erfordert, ergibt sich aus keiner gesetzlichen Vorschrift; es widerspricht aber auch jeder Erfahrung, daß die örtliche Sicherheitspolizei eine nach militärischem Muster eingerichtete Formation erfordere. Dies ergibt sich auch aus der Zusammenschau von Art. 118 Abs. 3 Z. 3 B-VG und {Bundes-Verfassungsgesetz Art 102, Art. 102 Abs. 5 B-VG} und Art. II § 5 Abs. 3 zweiter Satz ÜG 1929.
Kompensation zwischen dem Anspruch einer Gemeinde auf einen Gewerbesteueranteil mit einem von der Gemeinde zu leistenden Polizeikostenbeitrag (§ 4 FAG 1967) ? Verzugszinsenverpflichtung (die Bestimmungen der §§ 1333, 1334 ABGB über die Verzugszinsen gelten auch im Gebiete des öffentlichen Rechtes) .
Nach § 38 VerfGG 1953 kann die Klage auch auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses gerichtet werden, wenn die klagende Partei ein rechtliches Interesse daran hat, daß das Recht oder das Rechtsverhältnis alsbald festgestellt wird. Andere als die im Art. 137 B-VG umschriebenen vermögensrechtlichen Ansprüche sind kein Gegenstand eines Feststellungserkenntnisses i. S. des § 38 VerfGG 1953. Es tritt damit durch die prozessuale Vorschrift des VerfGG keine Erweiterung der Zuständigkeit des VfGH ein, denn auch eine Feststellung ist ein Erkennen über einen vermögensrechtlichen Anspruch i. S. des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 137, Art. 137 B-VG}.