JudikaturVfGH

B329/67 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
15. Dezember 1967

Die Erteilung einer Baubewilligung zur Errichtung eines Verwaltungsgebäudes eines Sozialversicherungsträgers ist eine Angelegenheit des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde i. S. des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 118, Art. 118 Abs. 3 Z 9 B-VG}.

Auslegung des im {Bundes-Verfassungsgesetz Art 118, Art. 118 Abs. 3 Z 9 B-VG} verwendeten Ausdruckes "örtliche Baupolizei" .

Die Auslegung des Wortes "örtlich" darf nicht von dem Verwendungszwecke des beabsichtigten Bauvorhabens oder von der besonderen Bedeutung des Gebäudes oder von der darin entfalteten Tätigkeit ihren Ausgang nehmen. Würde es bei der Auslegung auf solche Merkmale ankommen, so müßte das dazu führen, daß etwa die Erteilung der Baubewilligung für ein Bürogebäude, in dem eine Verwaltungstätigkeit ausgeübt werden soll, die sich auf ein größeres Gebiet erstreckt, nicht als Angelegenheit der örtlichen Baupolizei qualifiziert werden dürfte, während die Errichtung eines Bauwerkes, welcher Größe immer, dessen Verwendungszweck sich lediglich auf das Stadtgebiet beschränkt, der örtlichen Baupolizei zuzurechnen wäre.

Das kann nicht richtig sein. Es können vielmehr nur baupolizeiliche Gründe maßgebend sein, was sich auch daraus ergibt, daß ansonsten die Einschränkung in {Bundes-Verfassungsgesetz Art 118, Art. 118 Abs. 3 Z 9 B-VG} "soweit sie nicht bundeseigene Gebäude, die öffentlichen Zwecken dienen ({Bundes-Verfassungsgesetz Art 15, Art. 15 Abs. 5 B-VG}) , zum Gegenstand hat" überflüssig wäre.

Die im {Bundes-Verfassungsgesetz Art 118, Art. 118 Abs. 3 B-VG} aufgezählten Angelegenheiten können nicht im Wege des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 118, Art. 118 Abs. 2 B-VG} aus dem behördlichen Aufgabenbereich ausgeschlossen werden, der der Gemeinde zur Besorgung im eigenen Wirkungsbereich gewährleistet ist.

"Gemeinde" i. S. des Art. 118 Abs. 2 und 3 B-VG und damit auch i. S. der entsprechenden Gemeinderechtsregelungen ist nicht die konkrete im Einzelfall zuständige Gebietskörperschaft - also auch nicht etwa eine bestimmte Stadt mit eigenem Statut oder die Durchschnittsgemeinde eines bestimmten Bundeslandes - sondern vielmehr die "Gemeinde" schlechthin, eine abstrakte Gemeinde.

Nach § 24 Abs. 2 des Eisenstädter Stadtrechtes entscheidet der Magistrat in allen behördlichen Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches in I. Instanz, soweit diese nicht ausdrücklich einem anderen Organ vorbehalten sind. Der Instanzenzug führt, soweit nicht gesetzlich anderes bestimmt ist, zum Gemeinderat (§ 71 Abs. 1 leg. cit.) . Der Vorbehalt hinsichtlich einer etwaigen anderen gesetzlichen Regelung kann sich verfassungskonform nur auf die Zuständigkeit eines anderen Organes der Stadt beziehen.

Die Präklusionsfolge nach § 42 Abs. 1 AVG 1950 kann nicht auf Einwendungen gegen die Zuständigkeit der entscheidenden Behörde bezogen werden.

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