JudikaturVfGH

G18/67 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
08. Dezember 1967

Folgende Stellen des Bundesfinanzgesetzes für das Jahr 1967 werden als verfassungswidrig aufgehoben: Der Art. III Abs. 7, die im Art. VII Abs. 1 Z. 3 enthaltenen Worte "sowie schließlich gegenüber Unternehmen, die Brennstoffelemente nach Österreich liefern oder zur Aufarbeitung übernehmen" , der Art. X Abs. 1 erster Satz, die im Art. X Abs. 1 zweiter Satz letzter Satzteil enthaltenen Worte "oder die Veräußerung notwendig ist, um Kosten oder unvertretbare Verwaltungstätigkeit zu vermeiden" , die Fußnote 3 zu den Ausgabenansätzen 1/60840 und 1/60848 und die Fußnote 3 zu den Ausgabenansätzen 1/64200, 1/64218, 1/64300 und 1/64318.

Dem Antrag, folgende Stellen des BFG 1967 als verfassungswidrig aufzuheben, wird keine Folge gegeben: Art. III Abs. 5 lit. a i. d. F. der Bundesfinanzgesetznovelle 1967, BGBl. Nr. 80, Art. III Abs. 5 lit. c erster Satz i. d. F. der Bundesfinanzgesetznovelle 1967, BGBl. Nr. 80, Art. IV Abs. 3 zweiter und dritter Satz, Art. VII Abs. 1 Z 3 (ohne die gemäß dem vorstehenden Spruch teilaufgehobenen Worte) , Art. VII Abs. 2 Z 1 und 2, und zwar jeweils die Worte: "sowie Zahlungsverpflichtungen in Höhe des Zinsendienstes" , Art. VII Abs. 3 zweiter Satz, Art. VII Abs. 4, die Fußnote 2 bei § 1/1111, die Fußnote 2 bei Titel 1/601, die Fußnote 3 bei Titel 1/603, die Fußnote 3 zu den Ausgabenansätzen 1/62116 und 1/62166, die Fußnote 3 zu den Ausgabenansätzen 1/62226 und 1/62266, die Ausgabenansätze 1/62516, 1/62526, 1/62546, 1/62556, 1/62566 und 1/62596.

Dem Antrag, § 1 des 1. Budgetüberschreitungsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 73, und § 1 des 2. BudgetüberschreitungsG 1967, BGBl. Nr. 159, als verfassungswidrig aufzuheben, wird keine Folge gegeben.

Der VfGH erachtet sich nicht für berechtigt, bei der Entscheidung über einen Regierungsantrag selbst auch Bedenken von Amts wegen aufzugreifen.

In der Verfassung ist nicht bestimmt, daß für "ein Gesetz über ... die Verfügung über Bundesvermögen" in bezug auf die Umschreibung seines Inhaltes anderes gilt als die Vorschrift des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 18, Art. 18 Abs. 1 B-VG}. Insbesondere ergibt sich aus {Bundes-Verfassungsgesetz Art 42, Art. 42 Abs. 5 B-VG} nichts dergleichen. Dieser Stelle der Verfassung ist nämlich wohl zu entnehmen, daß die Verfügung über Bundesvermögen eines Gesetzes bedarf und daß gegen einen Beschluß des Nationalrates, der ein solches Gesetz betrifft, der Bundesrat keinen Einspruch erheben kann.

Es ist aber völlig ausgeschlossen, der Verfassungsstelle einen Inhalt beizumessen, der hinsichtlich der Determinierung mehr verlangt, als {Bundes-Verfassungsgesetz Art 18, Art. 18 Abs. 1 B-VG} vorschreibt.

Der VfGH hält an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, gemäß der der Bundesgesetzgeber, wenn er etwa für eine bestimmte Ausgabenart einen zusätzlichen Kredit bewilligen will, der unter bestimmten Voraussetzungen in Anspruch genommen werden kann, den zusätzlichen Betrag ziffernmäßig festsetzen oder doch so umschreiben muß, daß er unmittelbar oder mittelbar auf Grund des Bundesvoranschlages ziffernmäßig errechenbar ist. In diesem Zusammenhang ist die Erteilung von Ermächtigungen an die Vollziehung durch das BFG zulässig, wenn das Verhalten der Vollziehung dem Art. 18 Abs. 1 B-VG entsprechend durch das Bundesfinanzgesetz vorbestimmt wird und wenn die ziffernmäßige Bestimmtheit bzw. die Errechenbarkeit des Kredites dadurch nicht beeinträchtigt wird. Es müssen z. B. die Voraussetzungen, unter denen ein zusätzlicher Kredit in Anspruch genommen werden darf, im BFG dem {Bundes-Verfassungsgesetz Art 18, Art. 18 Abs. 1 B-VG} entsprechend determiniert sein.

Der VfGH bleibt auch bei der Meinung, daß die Ausgaben ihrer Art nach dem Wesen des Voranschlages entsprechend ausreichend spezialisiert sein müssen.

Nur die Bestimmung der Voraussetzungen, unter denen ein Kredit in Anspruch genommen - also auch ein Kredit überschritten - werden darf, ist ausschließlich Sache des Bundesfinanzgesetzgebers. Es ist aber dem Bundesfinanzgesetzgeber durch keine Vorschrift verboten, Voraussetzungen zu bestimmen, auf deren Eintritt Einfluß zu nehmen ihm unmöglich ist. Der Umstand, daß es der Vollziehung überlassen bleibt, den Baufortschritt zu regeln, kann also keinesfalls bewirken, daß die Kreditinanspruchnahme nicht an die Voraussetzung des Baufortschrittes geknüpft werden darf. Der Gesetzgeber kann daher z. B. auch die Inanspruchnahme eines Kredites vom Eintritt einer bestimmten wirtschaftlichen Situation der Bundesbahnen oder von der Notwendigkeit, bestimmte Seuchenbekämpfungsmaßnahmen durchzuführen, oder von der Voraussetzung, daß die Gesetzgebung bestimmte neue Ausgabenverpflichtungen schafft, abhängig machen.

Gewiß darf der Bundesfinanzgesetzgeber keine über das Finanzjahr hinausreichende Bundesvoranschlagsregelungen treffen. Es ist aber keineswegs aus dem Wesen des Begriffes "Voranschlag" bzw. "Bundesfinanzgesetz" i. S. des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 51, Art. 51 B-VG} - eine andere Rechtsquelle im Verfassungsrang steht hinsichtlich der hier in Rede stehenden Frage nicht zur Verfügung - zu erschließen, daß eine bundesfinanzgesetzliche Vorschrift betreffend die Anweisung von Ausgaben, die während des Finanzjahres fällig geworden sind, die also - wirtschaftlich gesehen - den Voranschlag des betreffenden Jahres belasten, dann über das betreffende Finanzjahr hinausreicht, wenn die Anweisung erst nach Ablauf des Finanzjahres erfolgt (wobei selbstverständlich zu beachten ist, daß der Termin innerhalb eines Zeitraumes liegt, der mit der Verpflichtung zur Erstellung des Rechnungsabschlusses - {Bundes-Verfassungsgesetz Art 42, Art. 42 Abs. 5 B-VG} - vereinbar ist) .

Gewiß läßt sich auch die Grenze zwischen einer noch zureichenden und einer nicht ausreichenden Determinierung i. S. des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 18, Art. 18 Abs. 1 B-VG} ebensowenig scharf ziehen, wie etwa die Grenze zwischen einer bloßen "formalgesetzlichen Delegation" und einer ausreichenden "materiellrechtlichen Bestimmung" i. S. des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 18, Art. 18 Abs. 2 B-VG}.

Eine Gesetzesstelle widerspricht aber dem {Bundes-Verfassungsgesetz Art 18, Art. 18 Abs. 1 B-VG}, wenn sie einen Grad von Unbestimmtheit hat, der es ausschließt, die Regelung als Maßstab für das Verhalten der Verwaltung anzuwenden.

Der Inhalt der Rechtsgeschäfte, auf die sich die Ermächtigung, über Bundesvermögen zu verfügen, bezieht, muß dem {Bundes-Verfassungsgesetz Art 18, Art. 18 Abs. 1 B-VG} entsprechend ausreichend bestimmt sein.

Gemäß dem zweiten Satz des Art. VII Abs. 4 leg. cit. sind Fremdwährungsbeträge in den beim Vertragsabschluß jeweils geltenden Kassenwerten anzurechnen. Als Kassenwert ist in diesem Zusammenhang der summarisch ermittelte wahre Wert der Fremdwährung, ausgedrückt in inländischer Währung, zu verstehen. Dies ergibt sich aus dem Sinn der Gesetzesstelle im Zusammenhang mit dem dem Gesetzgeber bekannten Umstand, daß die Ermittlung dieser Werte vom BM für Finanzen auch tatsächlich laufend vorgenommen und das Ergebnis der Ermittlung auch jeweils mittels Erlaß bekanntgegeben wird.

Personalaufwandskredite müssen getrennt von Krediten für andere Ausgaben speziell ausgeworfen werden. Eine Vermischung von Personalaufwand und anderem Aufwand widerspricht dem {Bundes-Verfassungsgesetz Art 51, Art. 51 B-VG}.

Nach § 1 des 1. BudgetüberschreitungsG 1967, BGBl. Nr. 73, werden die durch die im ersten Halbjahr 1967 zu gewährenden Sonderzahlungen an öffentlich Bedienstete, für die der Bund den Gehaltsaufwand trägt, eintretenden Überschreitungen der Ausgabenansätze für Aktivitätsbezüge und Pensionsaufwendungen des BFG für das Jahr 1967 im Gesamtbetrag von 348,000.000 S genehmigt. Nach § 1 des 2. BudgetüberschreitungsG 1967, BGBl. Nr. 159, werden aus Anlaß der mit Wirkung vom 1. April 1967 erfolgten Erhöhung der Reisegebühren und sonstiger Nebengebühren für öffentlich Bedienstete, für die der Bund den Gehaltsaufwand trägt, Überschreitungen der für die Verrechnung dieser Reisegebühren und Nebengebühren in Frage kommenden Ausgabenansätze des BFG für das Jahr 1967 im Gesamtbetrage von 179,185.000 S genehmigt.

Bekannt sind die in Betracht kommenden Ausgabenansätze für Aktivitätsbezüge und Pensionsaufwendungen und daher auch die Summe aller dort ausgeworfenen Beträge. Somit ist es auch möglich - was ausreichend ist, weil die Voranschlagsziffern auf Schätzungen beruhen -, den Gesamtbetrag von 348 Millionen Schilling auf diese Ausgabenansätze aliquot umzulegen, wobei allfällige Abweichungen, die sich aus dem Errechnungsmodus für die 348 Millionen Schilling ergeben, zu berücksichtigen sind. Dies gilt sinngemäß auch hinsichtlich der die Reisegebühren und Nebengebühren betreffenden Ausgabenansätze und des Gesamtbetrages von 179,185.000 S. Die mit den angefochtenen Gesetzesstellen eingeräumten Zusatzkredite sind also ziffernmäßig auf Grund der Voranschlagsbestimmungen errechenbar.

Dem Antrag, den Punkt XXII des Art. 6 des Bundesgesetzes vom 21. Juli 1925, BGBl. Nr. 277 (Verwaltungsentlastungsgesetz) , als verfassungswidrig aufzuheben, wird keine Folge gegeben.

Im ersten Satz liegt keine Erlaubnis, Anweisungen irgend einmal - möglicherweise erst im Nachjahr - zu vollziehen. Insbesondere enthält sein Wortlaut nicht einmal die Andeutung einer solchen Erlaubnis.

Auch der Zweck der Regelung und die Bedachtnahme auf die Verfassung verbieten es offenkundig, der Gesetzesstelle einen solchen Inhalt beizumessen.

Die Gesetzesstelle enthält keine Voranschlagsvorschrift oder Gebarungsvorschrift. Die Bestimmung regelt ausschließlich die Rechnung des Bundes. Die Gesetzesstelle ist also verfassungsmäßigerweise unter Mitwirkung des Bundesrates erlassen worden.

Es ist ein Grundgedanke des ganzen Gebäudes der Verrechnung, daß Anweisungen stets umgehend, jedenfalls im selben Finanzjahr, in dem sie ausgestellt worden sind, auch vollzogen werden müssen. Dies wird durch die Vorschrift des Punktes XV im Art. 6 des VerwaltungsentlastungsG unterstrichen, gemäß der u. a. Zahlungsverschiebungen unzulässig sind, die den Grundsatz umgehen und vereiteln, daß Kredite nur bis zum Ablauf des Finanzjahres ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung zugeführt werden dürfen.

Veranschlagung von Kreditüberschreitungen, die durch Rücklagen abgedeckt werden sollen.

Rückverweise