JudikaturVfGH

B72/67 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
21. Juni 1967

Es ist nicht denkunmöglich, anzunehmen, daß private juristische Personen, somit auch handelsrechtliche Gesellschaften, nicht beleidigungsfähig seien, denn unter den Begriff "gesetzlich anerkannte Körperschaften" im § 492 Strafgesetz seien nur juristische Personen des öffentlichen Rechtes zu verstehen.

Die Regelung des Gesetzes verstößt auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz. Ehre kommt vor allem dem Menschen zu. Es könnte dem Gesetzgeber nicht entgegengetreten werden, wenn er sich auf den Schutz der Ehre des Menschen beschränkte. Er hat nun den Schutz der Ehre auf andere Einrichtungen erweitert. In der Zuerkennung der Beleidigungsfähigkeit liegt eine entsprechende Bewertung der bedachten Institution. Wenn dazu juristische Personen des öffentlichen Rechtes gehören, so gilt der Schutz der in ihnen zum Ausdruck gelangenden staatlichen Autorität und der Sicherung der ihnen übertragenen staatlichen Aufgaben. Die Regelung des Gesetzes würde nur dann das Gleichheitsgebot verletzen, wenn gesagt werden könnte, daß ein Verein oder eine Handelsgesellschaft nach der Stellung in der Gesellschaft ein "Gleiches" mit allen übrigen Einrichtungen ist, das jede Differenzierung damit ausschließt. Das ist nun nicht der Fall. Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, die juristischen Personen auf dem Gebiete des Ehrenschutzes verschieden zu bewerten.

Die Angelegenheit der Verwaltungsübertretung der Ehrenkränkung ( {Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch § 1339, § 1339 ABGB}, § 56 VStG 1950) fällt in das Gebiet des öffentlichen Sicherheitswesens und nicht der örtlichen Sicherheitspolizei. Zu ihrer Ahndung in erster Instanz sind nach dem weiterhin in diesem Punkte in Kraft verbliebenen Hofkanzleidekret vom 14. März 1812, PGS 38, Bd. Nr. 41, Abs. 5 im Bereich ihrer örtlichen Zuständigkeit die Bundespolizeibehörden berufen. Darum ist die Zuständigkeit des Landeshauptmannes (in Wien: Bürgermeister als Landeshauptmann) als Berufungsinstanz gegenwärtig durch {Behörden-Überleitungsgesetz § 15, § 15 Behörden-Überleitungsgesetz} auf den Sicherheitsdirektor übergegangen.

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