B31/66 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Gegen die Regelung des § 13 Abs. 1 des Tierseuchengesetzes, wonach die Viehbeschau und Fleischbeschau rücksichtlich des Schlachtviehs allgemein durchzuführen ist und gegen § 6 Abs. 3 Pkt. 2 der Beilage II der Verordnung, BGBl. Nr. 342/1924, enthaltend nähere Bestimmungen, wie diese Viehbeschau und Fleischbeschau im einzelnen durchzuführen ist, sind Bedenken im Hinblick auf {Bundes-Verfassungsgesetz Art 18, Art. 18 B-VG} nicht entstanden. Viehbeschau und Fleischbeschau ist nämlich ein allgemein bekannter feststehender technischer Begriff, der für sich allein durch Verordnung näher ausführbar ist.
Nach § 22 VStG 1950 sind dann, wenn eine Tat unter mehrere einander nicht ausschließende Strafdrohungen fällt, die Strafen nebeneinander zu verhängen; dasselbe gilt bei einem Zusammentreffen von Verwaltungsübertretungen mit anderen von einer Verwaltungsbehörde zu ahndenden strafbaren Handlungen. Wenn daher durch eine Tat sowohl die Vorschriften des TierseuchenG bzw. der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Anordnungen übertreten als auch der Tatbestand einer disziplinär strafbaren Gesetzesübertretung verwirklicht wurde, steht eine disziplinäre Ahndung der Bestrafung der Verwaltungsübertretung nicht entgegen.
§ 6 der Beilage II der Verordnung, BGBl. Nr. 342/1924, enthält die näheren Grundsätze für die Untersuchung des Viehs im geschlachteten Zustand, wonach bei den Rindern die äußeren und inneren Kaumuskeln durch mit dem Unterkiefer parallel laufende Schnitte zu untersuchen sind. Es handelt sich also um eine auf Grund des § 13 des TierseuchenG erlassene Anordnung. Diese Anordnung richtet sich ausschließlich an den Viehbeschauer, denn andere Personen haben diese Tätigkeit nicht auszuüben. Verletzt der Tierarzt, der zum Viehbeschauer und Fleischbeschauer von der Gemeinde bestellt wurde, diese Vorschrift, hat er eine auf Grund des § 13 getroffene Anordnung verletzt und ist nach dem Wortlaut des Gesetzes und der Verordnung zu bestrafen, gleichgültig, ob er daneben etwa noch einer disziplinären Ahndung unterliegt.
Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird nach der ständigen Rechtsprechung des VfGH verletzt, wenn die Behörde bei der Erlassung des Bescheides eine Zuständigkeit in Anspruch nimmt, die ihr nach dem Gesetze nicht zukommt oder wenn sie in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt.