B36/66 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Hinsichtlich der Zusammensetzung des Berufungssenates ist im {Bundesabgabenordnung § 270, § 270 Abs. 3 BAO} ausdrücklich bestimmt, daß ein entsendetes Mitglied einer gesetzlichen Berufsvertretung selbständiger Berufe und ein weiteres einer gesetzlichen Berufsvertretung unselbständiger Berufe anzugehören hat, während das dritte entsendete Mitglied der gesetzlichen Berufsvertretung des Berufungswerbers angehören soll.
Einer gesetzlichen Berufsvertretung gehören nur jene Personen an, denen der Gesetzgeber wegen ihrer beruflichen Tätigkeit die Mitgliedschaft zu dieser Berufsvertretung zuerkennt. Die beiden Begriffe "einer gesetzlichen Berufsvertretung angehören" und "Mitglied einer gesetzlichen Berufsvertretung sein" sind somit ident.
Während die Bestimmungen des § 263 BAO keine Einschränkungen bezüglich der zu entsendenden Personen enthalten, außer daß sie im jeweiligen Bundesland wohnhaft sein müssen, und sich aus den §§ 263, 264, 265 und 271 BAO lediglich ergibt, daß es sich um physische Personen handeln muß, ist aus {Bundesabgabenordnung § 270, § 270 Abs. 3 BAO} abzuleiten, daß die der Gruppe der entsendeten Mitglieder der Berufungskommission angehörigen Personen so ausgewählt werden müssen, daß in den Berufungssenaten mindestens zwei Beisitzer aus dieser Gruppe Mitglieder einer gesetzlichen Berufsvertretung sind. Dies bedeutet aber nicht, daß jedes Mitglied einer gesetzlichen Berufsvertretung auch Mitglied der Berufungskommission und damit Beisitzer eines Berufungssenates nach der BAO sein kann, sondern eben nur jene Mitglieder, die die in der BAO geforderten Voraussetzungen erfüllen.
Nach der Bestimmung des {Bundesabgabenordnung § 270, § 270 Abs. 3 letzter Satz BAO} hat auch ein entsendetes Mitglied einer gesetzlichen Berufsvertretung selbständiger Berufe anzugehören. Personen, die nicht Mitglieder einer gesetzlichen Berufsvertretung selbständiger Berufe sind, sondern nur wegen ihrer Tätigkeit als leitende Angestellte Offener Handelsgesellschaften als Angehörige der Kammer der gewerblichen Wirtschaft gewertet werden, können also der Berufungskommission nicht als entsendetes Mitglied einer gesetzlichen Berufsvertretung selbständiger Berufe angehören.
Es besteht kein gesetzlicher Anspruch darauf, daß dem entscheidenden Senat ein Beisitzer aus der Berufsgruppe des Berufungswerbers zugezogen wird, denn {Bundesabgabenordnung § 270, § 270 Abs. 3 BAO} bestimmt, daß das dritte entsendete Mitglied der gesetzlichen Berufsvertretung des Berufungswerbers angehören soll, ihr aber nicht angehören muß.
Ein die unterinstanzlichen Bescheide bestätigender, die Berufung abweisender oberinstanzlicher Bescheid ist im Hinblick auf {Bundesabgabenordnung § 289, § 289 BAO} inhaltlich so zu werten, als ob die Berufungsbehörde in dem genannten Umfang einen mit den Bescheiden der unteren Behörde übereinstimmenden neuen Bescheid erlassen hätte, der fortan an die Stelle dieser Bescheide tritt.
Durch die Entscheidung einer nicht dem Gesetz entsprechend zusammengesetzten Kollegialbehörde wird das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf das Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt.