V26/65 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Der Antrag, die für die Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen erlassene Personalvertretungsvorschrift und die für diesen Personenkreis erlassene Personalvertretungs-Wahlordnung als gesetzwidrig aufzuheben, wird zurückgewiesen. Die Vorschriften sind keine Verordnungen einer Bundesbehörde i. S. des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 139, Art. 139 B-VG}.
In der Fassung des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 21, Art. 21 Abs. 1 B-VG}, die bis zur B-VGNov. 1962, BGBl. Nr. 205, galt, war nur von Personalvertretungen die Rede, die für die mit behördlichen Aufgaben betrauten Angestellten des Bundes und der Länder eingerichtet werden sollten. Nur auf diese Personalvertretungen bezog sich die Feststellung des VfGH im Erk. Slg. 1936/1950, es handle sich um "berufliche Vertretungen" i. S. des Art. 10 Abs. 1 Z 8 und des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 11, Art. 11 Abs. 1 Z 2 B-VG}.
Die Österreichischen Bundesbahnen werden vom Bund nach kaufmännischen Grundsätzen betrieben ({Behörden-Überleitungsgesetz § 51, § 51 Behörden-Überleitungsgesetz}) ; jene Bundesorgane, die diesen Betrieb besorgen, handhaben dabei nicht die Hoheitsgewalt des Bundes, sondern werden für den Bund in seiner Eigenschaft als Privatrechtssubjekt i. S. des {Bundes-Verfassungsgesetz Art 17, Art. 17 B-VG} tätig.
Dies gilt auch für die im Rahmen des BM für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft eingerichtete Generaldirektion der Österreichischen Bundesbahnen ({Behörden-Überleitungsgesetz § 51, § 51 Behörden-ÜberleitungsG}) , die den Betrieb der Österreichischen Bundesbahnen leitet und beaufsichtigt. Der BM für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft ist in dieser Funktion keine Behörde.
Es gibt keine Gesetzesvorschrift, die es dem Bund als Privatrechtsträger verbieten würde, die in Rede stehenden Vorschriften auf privatrechtlicher Grundlage zu erlassen. Es gibt dagegen aber keine gesetzliche Vorschrift, die es dem Bund erlauben würde, die Vorschriften als Verordnungen zu erlassen. Soweit durch die Personalvertretungsvorschrift und durch die Wahlordnung Dienstvorschriften für die Österreichischen Bundesbahn-Bediensteten überhaupt geändert worden sind, handelt es sich um die Änderung einer lex contractus.
Die im Betrieb der Österreichischen Bundesbahnen verwendeten Angestellten des Bundes sind nicht mit behördlichen Aufgaben betraut.
Das Dienstverhältnis der Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen ist ein privatrechtliches. Dem BM für Verkehr und Elektrizitätswirtschaft steht auf dem Gebiete des Dienstrechtes der Bediensteten der Österreichischen Bundesbahnen keine Befugnis zu hoheitlichem Handeln zu. Die Angelegenheiten des Bundesbahn-Personals wahrzunehmen, ist eine Angelegenheit der Eisenbahnbetriebsverwaltung.
Die Änderung einer lex contractus ist nicht allein schon ihrer Natur nach ein Hoheitsakt.
Verordnungen können rechtmäßigerweise nur von einer Behörde, also im Rahmen der Hoheitsverwaltung, erlassen werden.
Nur Verordnungen können Gegenstand eines Verfahrens nach {Bundes-Verfassungsgesetz Art 139, Art. 139 B-VG} sein.