JudikaturVfGH

B48/65 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
15. Oktober 1965

Die im {Bundesabgabenordnung § 289, § 289 BAO} getroffene Regelung ist keineswegs unsachlich. Die Tätigkeit der Berufungsbehörde beschränkt sich nämlich nicht, wie etwa jene eines Berufungsgerichtes im Zivilprozeß auf die Überprüfung der angefochtenen Vorentscheidung der Unterinstanz, sie entscheidet vielmehr in der Sache selbst, fällt mithin einen neuen Bescheid. Auch eine reformatio in peius ist zulässig. Mit der Erlassung des Berufungsbescheides tritt dieser in vollem Umfang an Stelle des Bescheides der Unterbehörde. Letzterer verliert damit jegliche Wirkung nach außen, ist rechtlich nicht mehr existent. Das Gesetz legt es somit allein in die Hand des Rechtsmittelwerbers, ob in der Sache an Stelle des bekämpften Bescheides erster Instanz ein völlig neuer Bescheid der Berufungsbehörde treten soll. Gegen eine derartige gesetzliche Regelung bestehen keine sachlichen Bedenken.

Es widerspricht nicht dem Gleichheitsgrundsatz, wenn zur Entscheidung über Berufungen, die bestimmte konkret umschriebene Sondergebiete betreffen, vom Gesetzgeber eine Kollegialbehörde berufen wird. Es ist nicht unsachlich, wenn der Gesetzgeber nur hinsichtlich bestimmter Materien die Mitwirkung von Kommissionsmitgliedern als erforderlich erachtet, die von den gesetzlichen Berufsvertretungen entsendet sind. Der VfGH hegt daher gegen die Bestimmung des {Bundesabgabenordnung § 260, § 260 Abs. 2 BAO} keine Bedenken.

Gemäß {Bundesabgabenordnung § 260, § 260 Abs. 1 BAO} obliegt der Finanzlandesdirektion als Abgabenbehörde zweiter Instanz die Entscheidung über Berufungen.

Diese allgemeine Regel verstößt gegen keinen verfassungsrechtlichen Grundsatz.

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