JudikaturVfGH

B304/64 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
11. Juni 1965

§ 15 Abs. 2 und 3 des Bundesstraßengesetzes, BGBl. Nr. 59/1948, ist verfassungsrechtlich unbedenklich, insbesondere auch hinsichtlich des behaupteten Widerspruches zu {Bundes-Verfassungsgesetz Art 94, Art. 94 B-VG}. Es ist darin ausdrücklich angeordnet, daß mit Anrufung des Gerichtes die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die Höhe der Entschädigung außer Kraft tritt. Diese Regelung schließt es aus, daß die Gerichte die Entscheidung der Verwaltungsbehörde überprüfen, daß die Gerichte eine Kontrollinstanz über die Verwaltungsbehörde sein können. Die Gerichte haben den Entschädigungsbetrag auf Grund eigener Beweiserhebungen völlig unabhängig von dem außer Kraft getretenen Bescheid festzusetzen. Der außer Kraft getretene Verwaltungsbescheid äußert auch dann keine Wirkung mehr, wenn der Antrag bei Gericht einvernehmlich zurückgenommen wird. In diesem Fall tritt nicht der Bescheid wieder in Kraft, wie die Bf. meinen, sondern die Parteien haben sich auf die seinerzeit von der Verwaltungsbehörde festgesetzte Entschädigungssumme schon kraft gesetzlicher Fiktion geeinigt. In diesem Fall liegt somit ein privatrechtlicher Vertrag über die Entschädigungssumme vor. Der Bescheid tritt aber nicht wieder in Kraft.

Nun ist kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung eine Berufung gegen den Entschädigungsbescheid nicht zulässig. Der Gesetzgeber hat es dafür den Parteien des Enteignungsverfahrens überlassen, das Außerkrafttreten des Bescheides durch Anrufung des Gerichtes selbst herbeizuführen, ohne daß es eines die Außerkraftsetzung bewirkenden Aktes irgendeiner Behörde bedarf. Die Parteien haben die Möglichkeit, durch eine einzige Handlung sowohl das Außerkrafttreten des Bescheides selbst herbeizuführen als auch ihre Ansprüche bei einem Gericht geltend zu machen. Bedient sich die Partei dieses vom Gesetz zur Verfügung gestellten Mittels nicht, so unterwirft sie sich dem Bescheid, sie stimmt ihm zu, sie kann daher in diesem Fall durch den Bescheid in keinem Recht verletzt werden. Daraus ergibt sich, daß solche Bescheide, die nur eine vorläufige Regelung treffen, weil sie durch eine Handlung der Parteien außer Kraft gesetzt, von den Parteien mangels Legitimation nicht vor dem VwGH und auch nicht vor dem VfGH angefochten werden können, wenn den Parteien die Möglichkeit eingeräumt ist, ihre Ansprüche anderweitig endgültig durchzusetzen.

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