B185/64 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Die Maßnahmen, die zur Bekämpfung von Tierseuchen erforderlich sind, gehören dem Veterinärwesen an (Erk. Slg. 2073/1950) . Die Vollziehung des Tierseuchengesetzes einschließlich seiner Strafvorschriften ist Bundessache. Da für diese Bundesvollziehung eigene Bundesbehörden nicht errichtet sind, wird sie vom Landeshauptmann und den ihm unterstellten Landesbehörden in mittelbarer Bundesverwaltung ausgeübt. Die Sicherheitsdirektion hat keine Zuständigkeit. Eine Verordnung der Bundesregierung nach {Bundes-Verfassungsgesetz Art 102, Art. 102 Abs. 6 B-VG} ist nicht erlassen worden. Die Zuständigkeit einer Bundespolizeibehörde zur Vollziehung in erster Instanz kann daher nicht gegeben sein. Die Kundmachung des Wiener Magistrates vom 30. Jänner 1947, M.Abt. 58-1/47, betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung der Wutkrankheit der Hunde - die als Verwaltungsakt generell verbindlichen Inhaltes die Eigenschaft einer Verordnung hat - ist auf Grund der §§ 2, 41 und 42 des Gesetzes vom 6. August 1909, RGBl. Nr. 177, betreffend die Abwehr und Tilgung von Tierseuchen ( Tierseuchengesetz) und der Durchführungsverordnung vom 15. Oktober 1909, RGBl. Nr. 178, erlassen worden. Nach § 42 des Tierseuchengesetzes können in Gegenden, für welche die Gefahr des Ausbruches oder der Verbreitung der Wutkrankheit besteht, bestimmte Maßnahmen, zu denen auch die Anordnung gehört, Hunde mit einem sicheren Maulkorb zu versehen und sie an der Leine zu führen, getroffen werden. Daß Wien den Gegenden zuzuzählen ist, für die - ständig - die Gefahr des Ausbruches oder der Verbreitung der Wutkrankheit besteht, ergibt sich eindeutig aus dem Gutachten des Veterinäramtsdirektors vom 5. Oktober 1964, dem sich anzuschließen der VfGH, keine Bedenken hat, weil es schlüssige Folgerungen aus gerichtsbekannten Tatsachen zieht. In dieser Hinsicht ist daher eine Gesetzwidrigkeit der von der bel. Beh. angewendeten Verordnung nicht gegeben. Die in § 5 der Kundmachung des Wr. Magistrates betreffend Maßnahmen zur Bekämpfung der Wutkrankheit der Hunde vom 30. Jänner 1947 vorgesehene Überwachung durch Organe der staatlichen Polizeibehörde kann - bei gesetzeskonformer Auslegung - nicht mit behördlicher Vollziehung gleichbedeutend sein.
Bis zum Inkrafttreten des im {Bundes-Verfassungsgesetz Art 11, Art. 11 Abs. 5 B-VG} über die Einrichtung und Tätigkeit der Verwaltungsstrafsenate in Aussicht gestellten Bundesgesetze finden nach § 20 Abs. 2 des V-ÜG 1929, BGBl. Nr. 393, für den Instanzenzug in Verwaltungsstrafsachen der mittelbaren Bundesverwaltung die bisherigen Bestimmungen Anwendung. Bis dahin war der Instanzenzug in derartigen Angelegenheiten im § 3 Abs. 5 letzter Satz des Verfassungsgesetzes vom 1. Oktober 1920, BGBl. Nr. 2, i. d. F. des Art. 1 § 7 der Nov. BGBl. Nr. 269/1925 geregelt. Danach ist in Wien der Bürgermeister als Landeshauptmann gegenüber dem als politische Bezirksbehörde einschreitenden Magistrat zweite Instanz in den Fällen gewesen, in denen die nach {Bundes-Verfassungsgesetz Art 11, Art. 11 Abs. 1 Z 6 B-VG} i. d. F. des Art. 1 § 5 der Nov. 1925, BGBl. Nr. 268, ergehenden Bundesgesetze der im Instanzenzug übergeordneten Behörde eine endgültige Entscheidung übertragen. Zu diesen Fällen zählt auch das Verwaltungsstrafverfahren, denn es ist ein auf Grund dieser Kompetenzvorschrift ergangenes Bundesgesetz, das im § 51 Abs. 1 bestimmt, daß die als zweite Instanz über Berufungen entscheidende Behörde in allen Fällen endgültig entscheidet.