B17/64 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Gemäß § 8 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 26. Oktober 1934, BGBl. II Nr. 334, betreffend die Handhabung der Disziplinargewalt über die Bundeslehrer an den Hochschulen geht der Rechtszug von der Disziplinarkammer an die durch das Bundesgesetz (richtig: Verordnung der Bundesregierung) vom 23. Feber 1934, BGBl. I Nr. 121, eingesetzte Disziplinaroberkommission. Mit der zuletzt genannten Vorschrift war § 100 der Dienstpragmatik geändert worden. Anstelle der nach § 100 DP eingerichteten Disziplinaroberkommissionen bei den Zentralstellen wurde eine Disziplinaroberkommission für Bundesbeamte beim Bundeskanzleramt eingesetzt. Diese Änderung des § 100 DP ist durch § 1 Z 13 der Beamten-Überleitungsverordnung, BGBl. Nr. 131/1946, aufgehoben worden, die frühere Fassung des § 100 DP ist durch § 2 der genannten Verordnung wiederhergestellt worden. Der Regelung des § 8 Abs. 1 BGBl. II Nr. 334/1934 ist im Hinblick auf ihren Zweck der Inhalt beizumessen, daß der Rechtszug zu der für die Bundesbeamten des Unterrichtsressorts zuständigen Disziplinaroberkommission in der durch die Abs. 2 und 3 dieses § 8 bestimmten Zusammensetzung zu führen hat. Das war seinerzeit die Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt, das ist nunmehr die Disziplinaroberkommission beim BM für Unterricht.
Einem a. o. Universitätsprofessor steht ein Recht auf Ausübung einer Lehrtätigkeit i. S. des Art. 17 StGG zu.
Ein bescheidmäßiger Eingriff in dieses Recht widerspricht dem Art. 17 StGG, wenn er entweder auf einem verfassungswidrigen Gesetz beruht oder wenn er gesetzwidrig ist.
§ 144 Abs. 1, § 145 Abs. 2 und 5 sowie § 147 DP sind sinngemäß mittelbarer Inhalt des Bundesgesetzes vom 26. Oktober 1934, BGBl. II Nr. 334, betreffend die Handhabung der Disziplinargewalt über die Bundeslehrer an den Hochschulen. Das Gesetz ermöglicht es, die Lehrbefugnis durch die Suspendierung vorübergehend unwirksam zu machen, also in das Recht auf Ausübung der Lehrätigkeit (nicht nur der Professoren, sondern auch der Hochschuldozenten, somit aller Lehrbefugten, gleichgültig, ob sie die Befugnis im Rahmen oder außerhalb eines Dienstverhältnisses ausüben, vgl. § 10) durch die Suspendierung einzugreifen. Der VerfGH hat keine Bedenken in der Richtung, daß diese gesetzliche Regelung dem Art. 17 StGG widerspräche. Ebenso wie nämlich ein Gesetz in dieser Hinsicht unbedenklich ist, das lediglich sicherstellt, daß nur körperlich und geistig befähigte Personen eine Lehrtätigkeit an einer Hochschule ausüben (vgl. Erk. Slg. 3565/1959) , muß im Hinblick auf Art. 17 StGG auch eine Regelung unbedenklich erscheinen, die lediglich sicherstellt, daß Personen von der Ausübung einer Lehrtätigkeit ferngehalten werden, denen ein standeswidriges Verhalten von einer Art oder Schwere zur Last gelegt wird, der eine Suspendierung angemessen ist (sinngemäß § 144 Abs. 1 DP) oder aus dessen Natur sich ergibt, daß eine weitere Befugnisausübung das Ansehen des Amtes der Hochschullehrer (Professoren und Dozenten) oder wesentliche Interessen des Hochschulbetriebes gefährden würde (sinngemäß § 145 Abs. 2 DP) . Es gehört nämlich zu den Grundgedanken der öffentlichen Ordnung, die auch den Bereich des Art. 17 StGG beherrschen, daß zur Lehre an den Hochschulen nur Personen befugt sein sollen, die sich ihrer "qualifizierten, bedeutungsvollen und verantwortungsvollen Stellung" (vgl. das zit. Erk. Slg. 3565/1959) entsprechend verhalten.
Wurde die vorläufige Suspendierung gemäß § 145 Abs. 2 DP verfügt, weil der sie Verfügende der Meinung war, daß eine Belassung des Beamten im Dienste vermöge "der Natur" des zur Last gelegten Dienstvergehens "das Ansehen des Amtes oder wesentliche Interessen des Dienstes" gefährden würde, so hat es bei der Prüfung der Frage, ob die Suspendierung aufzuheben ist (§ 147 Abs. 2 DP) , allein darauf anzukommen, ob die dargelegten Umstände (§ 145 Abs. 2 letzter Teil DP) im Zeitpunkt der Entscheidung über die Aufhebung der Suspendierung (§ 147 Abs. 2 DP) noch gegeben sind. Es kann nicht darauf ankommen, ob die Formulierung der Gründe, wie sie in der Suspendierungsverfügung gewählt wurde, noch aufrechterhalten werden kann. Es ist also vor allem zu prüfen, ob es überhaupt zulässig ist, dem Beamten das Standesvergehen weiterhin zur Last zu legen.