B518/62 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Der Auftrag der Baubehörde an den Hauseigentümer, eine vermietete Wohnung räumen zu lassen, rechtfertigt nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte ein Begehren des Vermieters auf Aufhebung des Bestandvertrages (MietSlg. 1149, 1150) . Es bleibt hiebei dem Vermieter überlassen, ob er eine Räumungsklage nach {Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch § 1118, § 1118 ABGB} oder das mildere Mittel einer Kündigung wählt, und auch, ob er diese Kündigung, je nach der gegebenen Sachlage, entweder auf § 19 Abs. 2 Z. 4, allenfalls 4 a, oder auf § 19 Abs. 1 Mietengesetz stützt. Zur Entscheidung darüber, ob ein Gebäude oder eine Wohnung weiter benützt werden darf oder nicht, ist allein die zuständige Baubehörde berufen.
Ein bezüglicher Bescheid der Baubehörde darf nach {Bundes-Verfassungsgesetz Art 94, Art. 94 B-VG} vom Gericht nicht überprüft werden (MietSlg. 1348, 4614, 5125) . Nach der Rechtsprechung der Zivilgerichte bewirkt der rechtskräftige Entzug des Benützungskonsenses für das auf der Liegenschaft befindliche Bestandobjekt durch die Baubehörde nach {Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch § 1112, § 1112 ABGB} von selbst die Auflösung des Bestandvertrages und der Eigentümer hat das Recht, die Entfernung des nunmehr titellosen Benützers zu begehren.
Das Gericht ist an den rechtskräftigen Bescheid der Verwaltungsbehörde gebunden. Ein Recht auf Überprüfung steht dem Gerichte nicht zu, mag auch dem Mieter im Verwaltungsverfahren keine Parteistellung zugekommen sein. An der Rechtsfolge des {Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch § 1112, § 1112 ABGB} vermag auch die dem Mieter und seiner Familie drohende Obdachlosigkeit nichts zu ändern (MietSlg. Nr. 7077-7079) . Diese Bindung der Gerichte an baubehördliche Verfügungen hat zur Folge, daß der Mieter im zivilgerichtlichen Verfahren zu dieser Frage nicht gehört wird. Im praktischen Ergebnis entscheidet in solchen Fällen die Baubehörde über das Schicksal von Mietverträgen (MietSlg. 4998 . Der Bescheid der Baubehörde schafft mit Rechtskraftwirkung den im Gerichtsverfahren unabänderlichen Rechtsgrund für die Auflösung des Mietverhältnisses. Es kann daher die Möglichkeit nicht ausgeschlossen werden, daß durch diesen Bescheid ein subjektives Recht des Mieters verletzt wird, der daher zur Beschwerdeführung legitimiert ist.
Durch eine unrichtige Beurteilung einer Vorfrage kann das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt werden.